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Pilze Pilze Forum Archiv 2012-13

Malle schlaucht ganz schön!

Geschrieben von: jesko
Datum: 14. Februar 2012, 15:14 Uhr


Von Mallorcas Röhrlingen http://www.pilzepilze.de/cgi-bin/webbbs/pconfig.pl?noframes;read=218800 und Wulstlingen http://www.pilzepilze.de/cgi-bin/webbbs/pconfig.pl?noframes;read=218827 haben Felix und ich ja schon ein paar Arten vorgestellt. Sicherlich hat nicht ganz unrecht, wer uns nachsagt, wir hätten ja nur olle Basidiomyceten im Kopf. Aber, Malle hat auch ziemlich geschlaucht. Dieser Herausforderung haben wir uns allerdings nicht ganz ohne die Hilfe eines Dritten gestellt: Dirk Wieschollek möchten wir für die Zeit danken, die er sich für unsere Mitbringsel genommen hat. Aus Mithaftungsgründen will ich ihn aber bei den einzelnen Bestimmungen, die er mit verantwortet, jeweils noch einmal erwähnen. Vielleicht haben wir ja bei ihm aber auch ein bisschen Werbung für Mittelmeerreisen im Winterhalbjahr gemacht. Dass so etwas für Asco-Freunde durchaus lohnend sein dürfte, möchten wir mit diesem kleinen Beitrag illustrieren.

Ich fürchte, die zu frostigen Winterzeiten im Forum besonders auf die K... hauende Coprophilen-Fraktion hat unsere bisherigen Berichte, sofern sie überhaupt hineingeschaut haben, lediglich mit einem kurzen, gelangweilten Gähnen registriert. Um Missverständnissen gleich vorzubeugen: Wir verfolgen auch Eure Diskussionen mit großem Interesse, können nur eben nichts weiter dazu beitragen. Aber diesmal haben wir auch was für Euch mitgebracht (det. Wieschollek/Hampe):

Zugegeben, nicht ganz stilgerecht. Peziza fimeti haben wir einfach so in freier Wildbahn und ohne Lupe gefunden. In der Hausordnung unserer Unterkunft haben wir zwar kein explizites Verbot des Anlegens von Köttelkulturen entdecken können, aber wir wollten es auch nicht darauf ankommen lassen. Um die Sehnsucht nach fremdländischen Exkrementen so richtig anzustacheln, zeigen wir das Häuflein gleich nochmal von der anderen Seite.

Wer weiß, welche Schätze da noch drin geschlummert haben mögen!

Damit sind wir also mittendrin in der Gattung Peziza, aus der wir nun diesen dezenten Farbtupfer präsentieren wollten:

Peziza moseri (conf. Wieschollek) finde ich ein hübsches Beispiel für einen ab und an anzutreffenden ökologischen Dualismus: Die Art wird auf Brandstellen oder – wie hier – auf zeitweise überschwemmten Böden gefunden. Anscheinend sind hier Feuer und Wasser gleichermaßen zur Substrataufbereitung geeignet.

Wir fanden zahlreiche Apothezien auf einer schütter bewachsenen, wechselnassen Fläche hinter dem bekannten Sandstrand Es Trenc im Südosten Mallorcas.

Dieses Gebiet ist übrigens mykologisch eine spannende Abwechslung zu den Kalkgebirgen der Serra de Tramuntana.

Abschließen wollen wir das Kapitel Peziza mit dem Ascomyceten, den wir wohl am häufigsten (bewusst) gesehen haben.

Peziza succosella (det. Wieschollek/Hampe) ist gewissermaßen die kleine Schwester des bekannten Gelbmilchenden Becherlings (Peziza succosa) und so wie dieser durch den bei Verletzung ausgeschiedenen grüngelblichen Milchsaft gekennzeichnet. Daher ist wohl auch ihr wissenschaftlicher Artname einfach nur der Deminutiv des schwesterlichen Epithetons.

Bei Kiefern,

bei Zistrosen

und was weiß ich noch wo sonst war Peziza succosella reichlich vertreten.

Rang zwei in der Liste der wohl am häufigsten gesehenen Ascos belegt wohl unstrittig dieser hier:

Leucoscypha patavina (det. Wieschollek/Hampe) lief uns gleich am ersten Waldrand über den Weg und sollte uns bis zum Ende unseres Aufenthalts verfolgen.

Und auch bei dieser Art müsst Ihr nun – ob ihrer Häufigkeit – ein drittes Bild ertragen. Denn Felix soll die Fotos nicht umsonst vorbereitet haben, abgesehen davon, dass ich mir lebhaft vorstellen kann, wie Dirk am Mikroskop gestöhnt hat, als er zum x-ten Male das gleiche Bild vor sich hatte.

Ein weiterer orangefarbener Fleck begegnete uns am bereits erwähnten ersten Waldrand, als Felix gewissermaßen im Fall aus dem Auto vor sich hin murmelte: „Müssen gleich mal nach Octospora schauen ...“ Octospora haben wir nicht gefunden, dafür bescherte uns Felix‘ Riecher aber eine Lamprospora, für die Dirk und Felix diesen Namen festgeklopft haben:

Ich glaube, da war bei der Bestimmung des Wirtsmooses von Lamprospora dictydiola noch ein – vermutlich mitlesender – nordostdeutscher Experte mit am Werk, weiß es jetzt aber nicht genau. Daher bitte ich Felix, geschuldeten Dank gleich direkt an dieser Stelle auszusprechen.

Das Thema „Alles orange, oder was“ (die kleine Anleihe bei Wolfgang Huths Vortragstitel im April 2011 in Halle sei mir verziehen) ist damit jedoch noch nicht abgeschlossen:

Warum bei Tricharina ascophanoides nun ein „cf.“ steht, das mögen die Bestimmer Dirk und Felix am besten selbst erläutern, denn ich bin ahnungslos.

Eine kleine Zugabe zum Thema Orange gibt es aber letztendlich doch noch:

Pithya cupressina (det. Wieschollek/Hampe) fanden wir an auf dem Boden liegenden Zweigen von vermutlich Juniperus phoenicea (unsere juniperologischen Kenntnisse sind zugegebenermaßen beschränkt). Die küstennahen Juniperus-Bestände halten sicherlich die ein oder andere mykologische Überraschung bereit, wie auch diese Smardaea planchonis (det. Wieschollek/Hampe):

Und wenn man mal am Mittelmeerstrand nicht so viel findet, kann man sich schließlich damit trösten, dass es weit unwirtlichere mykologische Exkursionsgebiete gibt.

Lila, orange und braun, das haben wir in unserer Farbskala nun alles abgehandelt. Bliebe noch knallig kardinalsrot:

Dieser südliche Gattungsgenosse unserer Prachtbecherlinge wurde ursprünglich aus den Lorbeerwaldrelikten der Kanaren beschrieben, woher er seinen Namen hat. Inzwischen ist bekannt, dass es sich auch bei den mediterranen Funden an Steineiche um Sarcoscypha macaronesica handelt. Wen wundert’s, gewissermaßen sind ja die Steineichenwälder der heutige Ersatz für die üppigen Lorbeerwälder, die einst auch im Mittelmeerraum verbreitet waren, als das Klima dort noch feuchter war.

Neben den relativ kleinen Apothecien sind für S. macaronesica insbesondere die kleinen Sporen charakteristisch.

Damit sehen wir nun endlich Licht am Ende des Schlauchs, was jedoch nicht heißen soll, dass sich nicht der ein oder andere Ascomycet auch in den weiteren Mallorca-Beiträgen, die Felix und ich noch in Vorbereitung haben, finden wird.

Für heute haben wir nur noch einen Rosabelag, den wir im Steineichenwald scheinbar auf dem Boden gefunden haben, und bei dem wir überhaupt nicht wussten, wo wir ihn hinstecken sollen.
Dankenswerterweise war da aber wieder Dirk, der sich auch noch dieses Teils angenommen und es als Hypomyces rosellus bestimmt hat.

Beiträge in diesem Thread

Malle schlaucht ganz schön! -- jesko -- 14. Februar 2012, 15:14 Uhr
Sehr schön! -- Joschi Siembida -- 14. Februar 2012, 17:20 Uhr
Re: Malle schlaucht ganz schön! *PIC* -- Thüringer-Holz -- 14. Februar 2012, 17:24 Uhr
Re: Malle schlaucht ganz schön! -- Thomas Pruss -- 14. Februar 2012, 19:12 Uhr
Re: Malle schlaucht ganz schön! *PIC* -- Nobi -- 14. Februar 2012, 23:09 Uhr
Re: Malle schlaucht ganz schön! *PIC* -- Peter P. -- 16. Februar 2012, 19:29 Uhr
Re: Malle schlaucht ganz schön! -- jesko -- 16. Februar 2012, 21:44 Uhr
Zu P. fimeti -- Thüringer-Holz -- 16. Februar 2012, 22:31 Uhr
Re: Malle schlaucht ganz schön! -- DirkW -- 17. Februar 2012, 14:28 Uhr
Re: Malle schlaucht ganz schön! *PIC* -- Peter P. -- 18. Februar 2012, 12:13 Uhr
Re: Malle schlaucht ganz schön! -- DirkW -- 18. Februar 2012, 14:40 Uhr
Neuere Erkenntnisse *PIC* -- Peter P. -- 18. Februar 2012, 12:34 Uhr
Sammeldank -- Karl -- 14. Februar 2012, 23:55 Uhr
bin schwer begeistert! -- DirkW -- 15. Februar 2012, 13:25 Uhr
Re: bin schwer begeistert! -- 42 -- 15. Februar 2012, 13:42 Uhr
Re: bin schwer begeistert! -- Harzpilzchen -- 17. Februar 2012, 22:48 Uhr
Re: Malle schlaucht ganz schön! -- Doris -- 15. Februar 2012, 15:35 Uhr
Re: Malle schlaucht ganz schön! -- abt -- 15. Februar 2012, 16:54 Uhr
Re: Malle schlaucht ganz schön! -- BrunoH -- 15. Februar 2012, 23:28 Uhr
Dank an alle ... -- jesko -- 16. Februar 2012, 18:17 Uhr
Re: Malle schlaucht ganz schön! -- Gábor -- 17. Februar 2012, 20:16 Uhr

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