Herzogia 19 (2006): 85–110
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Einige für Bayern neue oder bemerkenswerte Flechten und
flechtenähnliche Pilze
Wolfgang VON BRACKEL & Jana KOCOURKOVÁ
Zusammenfassung: BRACKEL, W. V. & KOCOURKOVÁ, J. 2006. Einige für Bayern neue oder bemerkenswerte
Flechten und flechtenähnliche Pilze. – Herzogia 19: 85–110.
55 Arten von bemerkenswerten Flechten und calicioiden Pilzen werden aufgelistet, die in den letzten fünf Jahren
in Bayern gefunden wurden. Neu für Deutschland sind Buellia arborea und Chaenothecopsis savonica, neu für
Bayern Agonimia vouauxii, Arthothelium spectabile, Cladonia monomorpha, C. norvegica, Gyalecta derivata,
Lecanora leptyrodes, Polyblastia philaea und Scoliciosporum gallurae, neu für Nordbayern Punctelia ulophylla und
Verrucaria bryoctona. Erstmals seit langer Zeit (nachdem sie sich in die höheren Berge zurückgezogen hatten) wurden
Allocetraria oakesiana, Bryoria implexa, Chaenotheca xyloxena, Parmeliella triptophylla und Parmotrema chinense
wieder in Bayern außerhalb der Alpen und des Bayerischen Waldes nachgewiesen. Zehn Arten sind Wiederfunde für
Bayern und fünf Wiederfunde für Nordbayern. Ein historischer Fund von Stereocaulon incrustatum, über den bislang
nicht berichtet wurde, wird hier vorgestellt. Weiterhin werden einige Funde von Arten angegeben, deren historisches
Areal sich in Bayern stark verändert hat, was in der Regel einen Rückzug in die Alpen und die höheren Lagen des
Bayerischen Waldes bedeutet.
Abstract: BRACKEL, W. V. & KOCOURKOVÁ, J. 2006. New or noteworthy records of lichens and allied fungi from
Bavaria. – Herzogia 19: 85–110.
There are 55 species of remarkable lichens and calicioid fungi listed that have been found in Bavaria during the last five
years. New for Germany are Buellia arborea and Chaenothecopsis savonica, new for Bavaria are Agonimia vouauxi,
Arthothelium spectabile, Cladonia monomorpha, C. norvegica, Gyalecta derivata, Lecanora leptyrodes, Polyblastia
philaea and Scoliciosporum gallurae, and new for northern Bavaria are Punctelia ulophylla and Verrucaria bryoctona. This was the first time in many years (after retreating to the higher mountanis) that Allocetraria oakesiana,
Bryoria implexa, Chaenotheca xyloxena, Parmeliella triptophylla and Parmotrema chinense were found in Bavaria
outside of the Alps and the Bavarian Forest. Ten species are re-recorded for Bavaria and five for northern Bavaria. A
historical record of Stereocaulon incrustatum, a species not reported for Bavaria to date, is presented here for the first
time. Moreover, some records of species are reported, whose historical area of distribution in Bavaria has changed
dramatically. This usually means a retreat of the species to the Alps and the higher regions of the Bavarian Forest.
Key words: Lichenized Ascomycetes, lichenoid fungi, Absconditella sphagnorum, biodiversity, Germany.
Einleitung
Die Flechtenflora von Bayern hat sich innerhalb der letzten 200 Jahre stark verändert. Während
bis gegen Ende des zwanzigsten Jahrhunderts viele Arten enorme Bestandseinbußen zu verzeichnen hatten oder gar ausgestorben sind, setzte vor wenigen Jahren ein gewisser Umschwung
ein. Einige Arten, die sich in die Alpen oder in die höheren Lagen des Bayerischen Waldes
zurückgezogen hatten, konnten auch wieder im Hügelland beobachtet werden, etliche Arten
konnten wieder bestätigt oder neu für Bayern angegeben werden.
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Herzogia 19 (2006)
In die folgende Liste sind alle Funde von Arten aufgenommen worden, die im Katalog von
SCHOLZ (2000a) nicht für Bayern angegeben sind und in der Checkliste von FEUERER (2006)
fehlen sowie einige Arten, die in der Roten Liste der Flechten Deutschlands (WIRTH et al. 1996)
den Status 1 („vom Aussterben bedroht“) oder 0 („ausgestorben bzw. verschollen“) haben.
Darüber hinaus wurden einige für Bayern außerhalb der Alpen selten oder seit langem nicht
mehr angegebene Arten aufgenommen. Aufnahme fanden auch zwei nicht publizierte Funde
von Kaulfuß aus Nordbayern, die im lange nicht beachteten Herbarium der Naturhistorischen
Gesellschaft Nürnberg gefunden wurden.
Material und Methoden
Die Untersuchung basiert überwiegend auf eigenem Material aus Aufsammlungen von 2003 bis
2005. Daneben sind ein Fund von Feuerer aus München sowie einige älterere Funde aufgeführt.
Die Nomenklatur richtet sich im Wesentlichen nach SCHOLZ (2000a), neuere taxonomische
Erkenntnisse werden berücksichtigt. Die Abkürzungen der Autorennamen folgen BRUMMIT &
POWELL (1992), die der Zeitschriften BRIDSON (2004).
Der Kommentar zu jeder Art enthält Informationen zur historischen und aktuellen Verbreitung
in Bayern und, wo dies hilfreich erschien, Ausblicke auf Nachbarländer, insbesondere
Tschechien. Bei Arten, die bisher nicht für Bayern angegeben wurden, wird die Verbreitung
in Deutschland beschrieben; bei Arten „neu für Deutschland“ wird die Verbreitung in Europa
angegeben.
Abkürzungen: J.K. = Jana Kocourková, W.v.B. = Wolfgang von Brackel, hb IVL = Herbarium
des Instituts für Vegetationskunde und Landschaftsökologie, hb NHG = Herbarium der
Naturhistorischen Gesellschaft Nürnberg. Die öffentlichen Herbarien sind in gewohnter Weise
abgekürzt: PRM (Prag, Nationalmuseum), M (München), H (Helsinki), HBG (Hamburg).
Ergebnisse
Absconditella lignicola Vězda & Pišút
Oberpfalz: Kreis Neustadt a. d. Waldnaab, Lindach NE Kürmreuth, an toter liegender Picea abies im feuchtschattigen Fichten-Kiefern-Forst, zusammen mit Thelocarpon lichenicola, 410 m, MTB 6336/1, 5.IV.2004, J.K. &
W.v.B. (PRM 908007); Bastring NE Vilseck, an liegendem Totholz von Alnus glutinosa im Erlenbruchwald, 440
m, MTB 6336/2, 9.IV.2004, W.v.B. (hb IVL 3253 sub Thelocarpon intermediellum, PRM 908046).
Folgende Aufnahme zeigt die Vergesellschaftung am Fundort Bastring:
Deckung gesamt: 75 %, Deckung Moose & Flechten: 8 %, Deckung Algen: 70 %, Deckung Pilze: 2
%. Aufnahmefläche 20 × 20 cm², flach.
4
2a
1a
1a
1a
+
+
Algae
Lophocolea bidentata
Trapeliopsis gelatinosa
Mollisia sp.
Placynthiella icmalea
Absconditella lignicola
Thelocarpon intermediellum
+
+
+
+
+
+
Bisporella citrina
Blepharostoma trichophyllum
Calocera cornea
Cephaloziella rubella
Hypogymnia physodes
Micarea prasina
Die erst 1984 aus der Hohen Tatra in der Slowakei beschriebene Art (Vězda & Pišút 1984) wurde
1995 von Teilnehmern der BLAM-Tagung in Regensburg im Otterbachtal erstmal in Bayern gefunden
VON BRACKEL & KOCOURKOVÁ: Einige für Bayern neue oder Bemerkenswerte Flechten und lechtenähnliche Pilze
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(BRESINSKY et al. 1995). Drei weitere bayerische Funde sind in PALICE (1999) und PRINTZEN et al.
(2002) aufgeführt. Wie die beiden neuen Funde liegen sie alle im östlichen Teil Bayerns.
Absconditella sphagnorum Vězda & Poelt
Oberbayern: Kreis Traunstein, Kendlmühlfilz am Chiemsee, auf Sphagnum magellanicum in der Hochmoorheide,
535 m, MTB 8240/2, 15.IIX.2005, W.v.B (hb IVL 3436). – Oberpfalz: Kreis Neustadt a. d. Waldnaab, Koppeter
Bühl E Schwarzenbach, auf Sphagnum papillosum im Hochmooranflug im Wald, 430 m, MTB 6238/3, 12.XII.2004,
W.v.B. (hb IVL 3172); Röthelweiher W Kaltenbrunn, im Zwischenmoor auf Sphagnum capillifolium und Sph. magellanicum, 430 m, MTB 6337/1, 14.XI.2004, W.v.B (hb IVL 3244).
Die Art ist eng an Hoch- und Zwischenmoore gebunden und lebt hier auf Torfmoosen. Nach Vězda
(1965) und POELT (1975) ist sie in den südbayerischen Mooren weit verbreitet (auf Sphagnum fuscum
und torfmoosbewachsenden Lebermoosen), nach Poelt & Vězda (1990) „dürfte [sie] in den mitteleuropäischen Hochmooren ziemlich verbreitet sein“ und kommt vor allem auf Sphagnum fuscum, S.
medium und S. rubellum vor. POELT (1953a) gibt einen Fund von Du Rietz aus dem Bernrieder Filz
aus dem Jahr 1951 sowie einen eigenen aus dem Moor östlich des Essensees im Landkreis Starnberg
an. Ein Fund im Oberpfälzer Weihergebiet (auf Sphagnum palustre) ist bei DÜRHAMMER (2003) dokumentiert. Der Fund am Koppeter Bühl dürfte der bisher alpenfernste in Bayern sein, allerdings ist die
Art auch in den Mooren der bayerischen Rhön zu erwarten, wie ein Fund im Roten Moor in Hessen
(CEZANNE et al. 2004) zeigt. Bei unseren Funden siedelte Absconditella sphagnorum auf Sphagnum
magellanicum, S. papillosum und S. capillifolium. BIELCZYK & KISZKA (2001) sowie PALICE (1999)
geben sie außerdem auf Polytrichum sp., Mylia anomala, Totholz, Detritus und Torf an.
Die vor allem im Spätsommer entwickelte „sommerannuelle“ Art (POELT 1969, Poelt & Vězda 1990)
kann durchaus noch im Winter in fruchtendem Zustand gefunden werden, wie der Fund am Koppeter
Bühl am 12. Dezember zeigt. Die schüsselförmigen, blassrosa Apothecien der Flechte entspringen gewöhnlich den terminalen Enden der Torfmoose. Meist brechen die Fruchtkörper durch die Blätter der
Äste, die die Köpfchen bilden. Schleimige Algenschichten auf den Moosen sind mehr oder weniger
entwickelt und auffällig.
Publizierte Daten aus Tschechien (z. B. PALICE 1999), eine große Zahl von Proben im Herbarium der
Zweitautorin aus Aufsammlungen aus Tschechien, der Slowakei, Estland und Russland (vorwiegend
unpubliziert) und anderes gesichtetes Material legen nahe, dass die Flechte ziemlich häufig in den
Hoch- und Zwischenmooren der borealen und gemäßigten Zone Europas vorkommt und eher übersehen als selten ist.
Im Jahr 1995 wurde eine Untersuchung von J. Kocourková zur jahreszeitlichen Periodizität der
Fruchtkörperbildung von Absconditella sphagnorum in einem Hochmoor in Zentral-Böhmen begonnen, bei der die Flechte über einen Zeitraum von drei Jahren beobachtet wurde. Mikroskopische
Untersuchungen und Beobachtungen im Gelände brachten dabei neue Erkenntnisse, die hier vorgestellt werden. Drei Aufsammlungen von Absconditella sphagnorum vom erwähnten Fundort wurden
ohne Bemerkungen zu den Beobachtungen publiziert (KOCOURKOVÁ-HORÁKOVÁ 1998b).
Zum ersten Mal wurde Absconditella sphagnorum am Fundort im späten Frühjahr 1995 mit unreifen Asci gesehen. Die Flechte wuchs auf Sphagnum denticulatum über einem nassen, verrottenden Stubben von Picea abies in der Übergangszone vom Sphagnetum zum Fichten-Moorwald mit
Herden von Vaccinium vitis-idaea. Während der ersten beiden Jahre wurde eine Zu- und Abnahme der
Zahl der Apothecien vom Spätfrühling bis zum Winter beobachtet. Die größte Zahl von Apothecien
wurde jeweils im späten Sommer gezählt, auch wenn die Torfmoose teilweise ausgetrocknet waren.
Im ersten Jahr ging die Zahl der Apothecien bis zum Herbst nicht zurück bis die Temperatur sank.
Dann nahm die Zahl der Apothecien plötzlich ab und nach dem ersten Frost waren nahezu alle verschwunden. Im zeitigen Frühjahr des nächsten Jahres waren keine Apothecien zu sehen. Die ersten
Fruchtkörper erschienen Ende Mai auf denselben Torfmoospflanzen wie im Vorjahr. Später breitete
sich die Infektion schnell auf bisher gesunde benachbarte Polster aus. Während trockener Sommertage
starben einige der Torfmoospolster mit alten Infektionen ab. Die überlebenden gingen dann bei der
steigenden Feuchtigkeit im Herbst zurgrunde. Im späten Frühjahr des dritten Jahres der Beobachtung
(1997) fruktifizierte die Flechte wieder, bis im späten Sommer der ganze Stubben durch Sukzession
mit Sträuchern überwachsen wurde und Wirt wie Flechte abstarben.
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Herzogia 19 (2006)
Nach den Beobachtungen ist es offensichtlich, dass die Fruktifikation der Flechte mehr von der
Temperatur als von der Feuchtigkeit abhängt und dass die Flechte Schäden am Torfmoos verursacht,
die im zweiten Jahr der Infektion letal werden können. An einer anderen Stelle in Nordböhmen wurde
beobachtet, dass die Flechte nur eine Vegetationsperiode lebte und dann wegen hoher Wasserstände im
Moor nach heftigen Sommerregen abstarb.
Die mikroskopische Untersuchung zeigte die Anwesenheit von intrazellulärem Mycel der Flechte
in den infizierten Blättern des Torfmooses. Hyphen nehmen sehr wahrscheinlich Wasser aus den
Hyalocyten auf und dringen nicht in die Chlorocyten ein. Anscheinend sterben die Torfmoose durch
Behinderung der Photosynthese, verursacht von dem schleimigen Algenbelag, der sich auf die Blätter
legt und den Gasaustausch verhindert. Bei großen Vorkommen von Apothecien der Flechte werden
die Pflanzen auch mechanisch durch das Hervorbrechen der Apothecien durch mehrere Blattlagen
zerstört. Das Mycel der Flechte wurde in allen Blattlagen gefunden. In weiteren Sukzessionsstadien
wurden Micarea sp. (im Pyknidien-Stadium) und nicht identifizierte Ascomyceten beobachtet.
Agonimia globulifera M.Brand & Diederich
Neu für Bayern.
Schwaben: Kreis Oberallgäu, 1,2 km W Missen, an der Straße nach Wiedenhofen, an Fraxinus excelsior in alter Allee, 940 m, MTB 8426/2, 10.IX.2004, J.K. & W.v.B. (PRM 907285). – Oberpfalz: Stadt Regensburg,
Naturschutzgebiet Keilstein, an Malmkalkfelsen am Südhang über der Donau, auf Detritus, 350 m, MTB 6938/4,
29.V.2005, J.K. & W.v.B. (PRM 908024).
In Deutschland ist die Art bisher aus Nordrhein-Westfalen (SPARRIUS 2000), Baden-Württemberg
(WIRTH 2000) und Hessen (CEZANNE et al. 2004) bekannt. SÉRUSIAUX et al. (1999) geben Fundorte
aus den Niederlanden, Belgien, Luxemburg, Frankreich, Spanien, Italien und Schweden an.
Agonimia vouauxii (de Lesd.) M.Brand & Diederich
Neu für Bayern.
Mittelfranken: Stadt Nürnberg, Rangierbahnhof, sandige Schotterflur zwischen Bahngeleisen, auf Peltigera rufescens, 320 m, MTB 6532/4, 21.I.2006, W.v.B. (hb IVL 3522).
Agonimia vouauxii siedelt auf verschiedenen Marterialien wie Ziegeln, Pappe, Leder, Detritus, Algen,
Moosen und auf Peltigera-Arten sowie auf Dünen und über Kalkfelsen.
Die Art war lange nur von ihrer Typuslokalität in Frankreich bekannt (BOULY DE LESDAIN 1910). Erst
in jüngerer Zeit wurde sie auch in Österreich (WITTMANN & TÜRK 1989), Dänemark (ALSTRUP et al.
1990), in Belgien und den Niederlanden (SÉRUSIAUX et al. 1999) sowie in Luxemburg (DIEDERICH
& SÉRUSIAUX 2005) gefunden. Darüber hinaus liegt eine Angabe aus Hongkong vor (APTROOT &
SIPMAN 2001). Der deutsche Erstfund der Art stammt von CEZANNE & EICHLER (2004) aus Hessen.
Allocetraria oakesiana (Tuck.) Randlane & Thell
Oberbayern: Kreis Miesbach, Taubenberg, Farnbachtal, an Abies alba im feucht-schattigen Bergmischwald in einem Bachtal, 670 m, MTB 8136/4, 12.XI.2005, W.v.B. (hb IVL 3519).
Die ozeanische Art siedelt fast ausschließlich an Tanne und Fichte und ist vorwiegend in ständig feuchter Atmosphäre entlang der Gebirgsbäche zu finden (SCHAUER 1965, MACHER 1992). Ihr Areal erstreckt
sich in Europa über die Nordalpen, den Schwarzwald, den Bayerischen Wald und die Ostkarparten. Im
Gegensatz zu etlichen anderen ozeanischen Arten fehlt sie im atlantischen Teil Europas.
Allocetraria oakesiana ist bei guter Kenntnis der Merkmale auch im Gelände deutlich von der
Schwesterart Tucknernaria laureri (Kremp.) Randlane & Thell (syn. Cetraria laureri) zu trennen,
aber allein nach den Schlüsselmerkmalen schwer zu unterscheiden. Nach A. Thell (briefl. Mitteilung)
hat Allocetraria oakesiana im Gegensatz zu Tucknernaria laureri keine Cilien am Rand und ist eher
schmutzgelb als gelb. Die in den Schlüsseln angegebene Farbe der Unterseite ist kein verlässliches
Merkmal, eher wohl die deutlicher entwickelten Bortensorale und die derbere Konsistenz des Lagers
von Allocetraria oakesiana.
Nach KREMPELHUBER (1861) war die Art (unter Cetraria oakesiana) „in allen großen dichten
Gebirgswaldungen Oberbayerns nicht selten“. Ferner gibt er einen Fundort außerhalb der Alpen an
(Rosenheim) und erwähnt, dass sie außerhalb Oberbayerns in Bayern nicht gefunden wurde. REHM
VON BRACKEL & KOCOURKOVÁ: Einige für Bayern neue oder Bemerkenswerte Flechten und lechtenähnliche Pilze
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(1863) nennt sie aus dem Oberallgäu. SCHAUER (1965) erwähnt neben einigen alpinen auch drei weitere Fundorte außerhalb der Alpen: Schaftlach, Dietramszell und Holzhausen bei Waging.
Aktuell geben TÜRK & WUNDER (1991) einen Fundort am Watzmannmassiv an. MACHER (1992) erwähnt die Art als „sehr vereinzelt“ aus dem Nationalpark Bayerischer Wald. Unser Fund am Taubenberg
ist wohl der einzige aktuelle in Bayern außerhalb der Alpen und des Bayerischen Waldes.
Arthothelium spectabile Flot. ex A.Massal.
Neu für Bayern.
Schwaben: Kreis Oberallgäu, Weißachtal SW Oberstaufen, 700 m SW Steinebach, im Bergmischwald am
Nordwesthang, 700 m, MTB 8425/4, 10.IX.2004, J.K. & W.v.B. (hb IVL 3481).
Die Art ist in Deutschland aus Baden-Württemberg (WIRTH 1987), Nordrhein-Westfalen (LAHM 1885,
HEIBEL 1999), Sachsen-Anhalt (SCHOLZ et al. 2004), Niedersachsen (HAUCK 1992) und Sachsen
(GNÜCHTEL 1996) bekannt, jedoch überall im Rückgang begriffen bzw. ausgestorben.
Aspicilia moenium (Vain.) G.Thor & Timdal
Mittelfranken: Stadt Nürnberg, Rangierbahnhof, Bereich Brunecker Straße, an Beton in Gleisbett, 300 m, MTB
6532/4, 6.X.2004, J.K. & W.v.B. (ohne Beleg, nicht gewinnbar). – Oberpfalz: Kreis Neustadt a. d. Waldnaab,
Schlossberg S Kirchenthumbach, auf Kalkscherben in alter Abbaustelle, 470 m, MTB 6236/3, 13.III.2004, W.v.B.
(hb IVL 3159).
Die unscheinbare Art ist offenbar in der Fränkischen Alb nicht selten, wie neben dem Fund bei
Kirchenthumbach etliche nicht belegte Funde aus dem Landkreis Neumarkt zeigen. Sie scheint bisher
übersehen worden zu sein. Da sie sich überwiegend durch Soredien verbreitet und selten fruchtet
(WIRTH 1995), ist sie mit den gängigen Floren kaum bestimmbar. Im Gegensatz zu den Angaben bei
WIRTH (1995), der sie als „in der Regel synanthrop auf anthropogenen Substraten“ angibt, fanden wir
sie auch auf Kalkscherben (eingebracht wie autochthon) sowohl in alten Abbaustellen wie auch in
Halbtrockenrasen, hier auch auf Ausragungen von Dolomitfelsen.
Die einzige bayerische Angabe findet sich bei DÜRHAMMER (2003) von Essing im Altmühltal. Im benachbarten Tschechien ist die Art weit verbreitet und häufig (KOCOURKOVÁ-HORÁKOVÁ 1998b), aber
wie auch anderswo in Europa selten gefunden. In Deutschland wurde sie bisher in Baden-Württemberg
(WIRTH 1995), Hessen (CEZANNE et al. 2004), Nordrhein-Westfalen (JOHN 1990a), Brandenburg (OTTE
et al. 1999), Thüringen (KNOPH & SCHROECK 2002) und Mecklenburg-Vorpommern (LITTERSKI et al.
2001) gefunden. Die Angaben Rheinland-Pfalz und Saarland in SCHOLZ (2000a) sind zweifelhaft,
da in JOHN (1990a) die Art unter Aspicilia excavata Thor & Timdal nur mit einem Rasterpunkt für
Nordrhein-Westfalen aufgeführt ist.
Biatorella fossarum (Dufour ex Fr.) Th.Fr.
Wiederfund für Bayern.
Unterfranken: Kreis Mainspessart, am rechten Maintalhang zwischen Retzstadt und Karlstadt, S des Stein-Bergs,
auf offenem Boden im gestörten Kalk-Halbtrockenrasen über Muschelkalk, neben einer Feuerstelle, 200 m, MTB
6024/4, 21.X.2003, J.K. & W.v.B. (PRM 907096); ebenda 4.III.2004, J.K. & W.v.B. (hb IVL 3284, PRM 907094).
Folgende Aufnahme zeigt die Vergesellschaftung der Art am Fundort:
Deckung gesamt: 40 %, Deckung Moose & Flechten: 30 %, Deckung Blütenpflanzen: 10 %.
Aufnahmefläche 20 × 20 cm², 2° N.
2
1
1
1
1
1
+
+
+
Homalothecium lutescens
Sesleria varia
Nostoc commune
Festuca rupicola
Entodon concinnus
Ceratodon purpureus
Biatorella fossarum
Thymus pulegioides
Thuidium philibertii
+
+
+
+
+
+
+
+
*
Ranunculus bulbosus
Prunella vulgaris
Potentilla verna
Peltigera rufescens
Endocarpon pusillum
Ctenidium molluscum
Briza media
Collema limosum
Plantago media
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Herzogia 19 (2006)
KREMPELHUBER (1861) erwähnt die Art auf nackter Erde bei Mittenwald, von ARNOLD (1884f,
1890) stammen einzelne Angaben aus der Südlichen (bei Eichstätt) und der Nördlichen Frankenalb
(bei Streitberg, bei Gailenreuth). HILLMANN (1937) gibt die Art (unter Biatorella pruinosa) aus Bad
Oberdorf im Allgäu an.
Aktuelle Angaben der Art in Bayern sind uns nicht bekannt. Außer für Bayern wird die Art in
Deutschland für Thüringen (SCHOLZ 2000b) und Nordrhein-Westfalen, hier jedoch als ausgestorben,
angegeben (LAHM 1885, HEIBEL 1999).
Bryoria implexa (Hoffm.) Brodo & D.Hawksw.
Oberpfalz: Kreis Neustadt a. d. Waldnaab, Schwarzer Boden W Kaltenbrunn, an Pinus sylvestris am Moorrand, 430
m, MTB 6337/1, 30.V.2004, W.v.B. (hb IVL 3503).
Die bereits 1796 beschriebene Art fehlt in KREMPELHUBER (1861). ARNOLD (1891) nennt Alectoria
jubata L. f. implexa Hoffm. von zwei Fundorten südlich von München und ARNOLD (1884a) wenige Fundorte im Nördlichen und Südlichen Fränkischen Jura (um Pottenstein und um Eichstätt). In
HERTEL et al. (2000) sind weitere historische Fundorte von Arnold im Süden von München angegeben.
SCHWIND (1935) nennt Alectoria implexa Röhl aus Ergoldsbach in Niederbayern und vom Kürenwald
aus den Allgäuer Alpen. HILLMANN (1931) gibt einen Fund von O. und E. Behr aus der Oberpfalz
(Plößberg) an, nicht weit von unserem Fundort. POELT (1953b) bezeichnet sie als „häufige Art“ (bezogen auf Mitteleuropa).
TÜRK & WUNDER (1991) geben sie für den Nationalpark Berchtesgaden an, MACHER (1992) als
„sehr selten“ für den Nationalpark Bayerischer Wald und KALB (1972) einmal für den Nürnberger
Reichswald. Nach WIRTH (1995) siedelt die Art ähnlich wie Evernia divaricata in kühlen bis kalten Nadelwäldern. Unser Fund in Nordbayern liegt am Rand eines ausgedehnten Moorgebietes, in
dem kleinklimatisch hohe Luftfeuchtigkeit und geringere Durchschnittstemperaturen als in den umgebenden Kiefernwäldern herrschen.
Nach RÄTZEL et al (2002) befindet sich die Art in Brandenburg in Ausbreitung und ist nach Bryoria
fuscescens die zweithäufigste Art der Gattung.
Buellia arborea Coppins & Tønsberg
Neu für Deutschland.
Unterfranken: Kreis Schweinfurt, Brönnhofer Rangen SE Pfändhausen, an Quercus robur in lichtem Mittelwald,
350 m, MTB 5827/3, 22.VI.2004, J.K. & W.v.B. (hb IVL 3259). – Schwaben: Kreis Oberallgäu, Starzlachtal bei
der Dreiangelhütte, an Fagus sylvatica in luftfeuchtem Bachtal, 1000 m, MTB 8428/1, 11.IX.2004, J.K. & W.v.B.
(hb IVL 3397); Breitachklamm SW Oberstdorf, in tief eingeschnittener Klamm im Bergmischwald, 850 m, MTB
8627/1, 13.IX.2004, J.K. & W.v.B. (hb IVL 3055).
Für die erst in jüngster Zeit von Buellia griseovirens (Turner & Borrer ex Sm.) Almb. abgetrennte
Art (TØNSBERG 1992) fehlten bisher Belege aus Bayern und den übrigen deutschen Bundesländern.
Wie unsere und etliche Funde aus den Nachbarländern zeigen, ist sie sicher nicht selten. Von der ähnlichen B. griseovirens unterscheidet sie sich unter anderem durch die fehlende Reaktion der Sorale mit
Paraphenylendiamin (P). Auch Mycoblastus fucatus und Xylographa vitiligo, mit denen sie verwechselt werden könnte, reagieren P+ (FOUCARD & NORDIN 1999, TØNSBERG 1992).
Catinaria atropurpurea (Schaer.) Vězda & Poelt
Wiederfund für Bayern.
Oberpfalz: Kreis Neustadt a. d. Waldnaab, Frankenohe S Kirchenthumbach, an Acer platanoides, 460 m, MTB
6236/3, 3.IV.2004, J.K. & W.v.B. (PRM 907976).
KREMPELHUBER (1861) gibt die Art als Biatorina atropurpurea Schaer. für Haag in Oberbayern an,
ARNOLD (1884f) für die Mittlere Frankenalb bei Hersbruck und für die Südliche Frankenalb mehrfach
in der Umgebung von Eichstätt und im Laabertal bei Regensburg, also unweit unseres Fundortes.
ARNOLD (1892) fand sie häufiger in den Wäldern südlich von München. In HERTEL et al. (2000) sind
VON BRACKEL & KOCOURKOVÁ: Einige für Bayern neue oder Bemerkenswerte Flechten und lechtenähnliche Pilze
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weitere Funde von Arnold südlich von München sowie einer von Lederer aus dem Jahr 1893 zitiert,
von denen aber keiner aktuell bestätigt wurde.
Seitdem wurde sie in Bayern nicht mehr nachgewiesen. Auch die anderen deutschen Fundorte wurden
bis zum Erscheinen der Roten Liste nicht mehr bestätigt, sodass WIRTH et al. (1996) Catinaria atropurpurea für Deutschland als „ausgestorben bzw. verschollen“ einstufen. Inzwischen wurde die Art
auch in Brandenburg wieder nachgewiesen (OTTE et al. 2001).
Chaenotheca xyloxena Nádv.
Oberpfalz: Kreis Neustadt a. d. Waldnaab, Koppeter Bühl bei Schwarzenbach, an stehender, toter, entrindeter Pinus
sylvestris im Pfeifengras-Kiefernwald, 430 m, MTB 6238/3, 12.XII.2004, W.v.B. (hb IVL 3222).
ARNOLD (1891) gibt die Art von Nymphenburg in München an. Von Lederer stammt ein historischer
Beleg aus dem Jahr 1893 aus Großhessenlohe südlich von München, von Vorwerk aus 1994 ein aktueller aus dem Perlacher Forst südlich von München (beide zitiert in HERTEL et al. 2000). Nach
FEUERER et al. (2003) ist die Art in München ausgestorben. TÜRK & WUNDER (1991) geben sie für den
Nationalpark Berchtesgaden an, PRINTZEN et al. (2002) für den Nationalpark Bayerischer Wald.
Unser Fund ist wohl der einzige aktuelle in Bayern außerhalb der Alpen und des Bayerischen Waldes.
Chaenothecopsis pusilla (Ach.) A.F.W.Schmidt
Schwaben: Kreis Oberallgäu, Breitachklamm, an Picea abies in tiefer Klamm, 850 m, MTB 8627/1, 13.IX.2004,
J.K. & W.v.B. (hb IVL 3398, PRM 908022).
ARNOLD (1891) gibt mehrere Fundorte für Calicium pusillum Fl. in und südlich von München an, die
weder von HERTEL et al. (2000) noch von FEUERER et al. (2003) bestätigt werden. Im Fränkischen Jura
muss die Art häufiger gewesen sein. ARNOLD (1885a) schreibt zusätzlich zu einzelnen Fundortsangaben
aus dem Fränkischen Jura (hier an Acer campestre, an Larix, an Fichtenstrünken, am Holz alter Buchen)
„an der rissigen Rinde alter Eichen im Gebiete“ und „am Holze alter Eichen“. VILL (1896) fand sie
zweimal bei Hammelburg in der Rhön.
TÜRK & WUNDER (1991, 1999) geben die Art mehrfach für den Nationalpark Berchtesgaden an.
PRINTZEN et al. (2002) fanden sie neu für den Bayerischen Wald.
Chaenothecopsis savonica (Räsänen) Tibell
Neu für Deutschland, neu für Tschechien.
Oberpfalz: Kreis Neustadt a. d. Waldnaab, Lindach NE Kürmreuth, an toter Picea abies im feuchtschattigen
Fichten-Kiefern-Forst, 410 m, MTB 6336/1, 5.IV.2004, J.K. & W.v.B. (hb IVL 3276, PRM 907594). – Schwaben:
NE Sonthofen, E Grünten, Starzlachtal N Dreiangelhütte, an Totholz von Picea abies in großem Waldgebiet, 1000
m, MTB 8428/1, 11.IX.2004, J.K. & W.v.B. (hb IVL 3467, PRM 907271).
Außer in Bayern konnten wir Chaenothecopsis savonica auch in Tschechien nachweisen: Tschechien,
Südböhmen, Landschaftsschutzgebiet Třeboňsko, Naturschutzgebiet Široké blato, im Zwischenmoor
an totem Stumpf von Pinus rotundata, 500 m, MTB 7155/2, 30.X.2004, J.K. & W.v.B. (PRM
907193).
Die Art ist in den gemäßigten und kühl-gemäßigten Zonen der nördlichen Hemisphäre sowie in
Australasien und Südamerika verbreitet (TIBELL 1999). Sie wurde in Europa bisher aus Finnland,
Norwegen, Schweden (TIBELL 1999), England und Schottland (COPPINS 1992) sowie aus Karelien/
Russland (HAWKSWORTH & ATIENZA 1994), den Niederlanden (SÉRUSIAUX et al. 1999), Estland
(JÜRIADO et al. 2000), Spanien (LLIMONA & HLADUN 2001), Litauen (MOTIEJūNAITė & ANDERSSON
2003) und der Slowakei (LISICKÁ 2005) nachgewiesen. 2005 wurde die Art in Brandenburg neu gefunden (Rätzel, mdl. Mitteilung).
Cladonia cariosa (Ach.) Spreng.
Wiederfund für Bayern.
Mittelfranken: Stadt Nürnberg, Rangierbahnhof, Bereich Brunecker Straße, in offenen, ruderalsierten, kalkbeeinflussten Sandmagerrasen, 300 m, MTB 6532/4, 6.X.2004/6.X.2005, W.v.B. (hb IVL 3011/3440); ebenda 1.IV.2005,
J.K. & W.v.B. (PRM 908048). – Oberpfalz: Kreis Amberg-Sulzbach, Freihölser Forst S Amberg, in Silbergrasflur
auf Sand unter lockerem Kiefernschirm, 395 m, MTB 6537/4, 1.X.2000, W.v.B. (hb IVL 1711); am Thumbach
92
Herzogia 19 (2006)
SE Eschenbach, in gestörtem Sandmagerrasen, 400 m, MTB 6236/4, 4.IV.2004, J.K. & W.v.B. (PRM 908015); an
der „Saustraße“ SW Grafenwöhr, in kalkbeeinflusstem Sandmagerrasen, 440 m, MTB 6337/1, 22.V.2004, J.K. &
W.v.B. (ohne Beleg); Hader-Bühl SW Hütten, an sandigem Waldwegrand, 440 m, MTB 6337/2, 19.V.2004, J.K. &
W.v.B. (ohne Beleg).
Die Art ist, wenn sie fruchtet, leicht kenntlich an den zerschlitzten, teilweise entrindeten Podetien,
an denen die Mycelstränge sichtbar werden. Im Nürnberger Rangierbahnhof finden sich weit über
100 m² große Bestände, die stark von Diploschistes muscorum parasitiert werden. Cladonia cariosa
kommt auf sandigen, oft kalkreichen und auch gestörten Böden vor. Nicht selten sind die Standorte
alte Industriebrachen, Steinbruchgelände, Bergwerkshalden (mit schwermetallreichem Gestein) und
Bahnanlagen (MEINUNGER 1988, ERNST 1997, HEIBEL 1999, SÉRUSIAUX et al. 1999, MEINUNGER
& BUTTLER 1991, RÄTZEL et al. 2003, CEZANNE & EICHLER 1996) aber auch Silikattrockenrasen
(MÜLLER 1993).
REHM (1863) nennt einen Fundort der Art bei Oberstdorf im Allgäu. ARNOLD (1885c) erwähnt sie
aus dem Fränkischen Jura bei Eichstätt und im Ponholzer Forst sowie am Rathsberg bei Erlangen und
ARNOLD (1891) gibt sie mehrfach für München und Umgebung, unter anderem für die Garchinger
Haide, an. In der Untersuchung von HERTEL et al. (2000) konnten die Fundorte südlich von München
nicht bestätigt werden. SCHAUER (1969), der die offene Kiesfläche auf der Garchinger Haide untersuchte, gibt keinen Hinweis mehr auf das Vorkommen der Art. REHM (1905) gibt je einen Fundort
im Mittelfränkischen Becken und im Steigerwald an, SCHWIND (1935) einen bei Ergoldsbach in
Niederbayern und KLEMENT (1950) einen im Waldnaabtal in der Oberpfalz.
Cladonia monomorpha Aptroot, Sipman & Herk
Neu für Bayern.
Oberfranken: Kreis Hof, Naturschutzgebiet Wojaleite bei Wurlitz, auf übererdetem Serpentinitfels, 520 m, MTB
5737/2, 28.X.2005, W.v.B. (hb IVL 3441).
Die erst 2001 beschriebene Art ist, meist aus unter Cladonia chlorophaea s. l. abgelegtem Herbarmaterial bestimmt, inzwischen aus den meisten Staaten Europas von Island bis Rumänien und
Finnland bis Spanien, in Deutschland aus den Bundesländern Niedersachsen, Baden-Württemberg
und Thüringen (APTROOT et al. 2001, KOWALEWSKA & KUKWA 2004) sowie Brandenburg (RÄTZEL
et al. 2002) bekannt. Sie dürfte sicher auch in Bayern weiter verbreitet sein und unter einem anderen
Namen aus dem Cladonia chlorophaea-Komplex in vielen Herbarien schlummern. Das augenfälligste Unterscheidungsmerkmal zu Cladonia pyxidata und Cladonia pocillum sind die schildförmigen
Plättchen an und in den Podetien.
Cladonia norvegica Tønsberg & Holien
Neu für Bayern.
Oberpfalz: Kreis Neustadt a. d. Waldnaab, Lindach NE Kürmreuth, am Stammfuß von toter Picea abies im feuchtschattigen Fichten-Kiefern-Forst, 410 m, MTB 6336/1, 5.IV.2004, J.K. & W.v.B. (hb IVL 3031, PRM 908004).
– Schwaben: Kreis Oberallgäu, NE Sonthofen, E Grünten, Starzlachtal N Dreiangelhütte, am Stammfuß von Picea
abies, 1000 m, MTB 8428/1, 11.IX.2004, J.K. & W.v.B. (PRM 907272).
Typisch für Cladonia norvegica sind häufig vorkommende rote Flecken auf der Unterseite der
Thallusschuppen, die teilweise auch von oben zu sehen sind. Sie resultieren aus der Produktion von
Rhodocladonsäure, mit der die Flechte auf das Einnisten von Milben reagiert. Mit KOH reagieren die
roten Flecken purpurschwarz (TIMDAL 1989). Cladonia norvegica kommt in kühl-feuchten Fichtenund Fichtenmischwäldern am Stammfuß von Fichten, Tannen, Buchen und Birken sowie an Stümpfen
vor.
Cladonia norvegica wurde von SCHINDLER (1991) aus dem Schwarzwald erstmals für Deutschland
nachgewiesen. Weitere Funde aus Deutschland sind uns nicht bekannt. Die Art ist in Skandinaven
weit verbreitet (TIMDAL 1989), wurde aber auch gelegentlich in Mittel- und Osteuropa (RUOSS et al.
1987, liška et al 1999, HALONEN et al. 2000, Batič et al. 2003) und in Großbritannien (PURVIS &
JAMES 1992) gefunden. TIMDAL (1989) gibt sie auch aus Madeira an, außerdem ist sie aus den USA
und Japan bekannt (STENROOS & AHTI 1994, TØNSBERG & GOWARD 1992). Nach einer Vielzahl von
VON BRACKEL & KOCOURKOVÁ: Einige für Bayern neue oder Bemerkenswerte Flechten und lechtenähnliche Pilze
93
Aufsammlungen aus Tschechien (unpublizierte Funde von J. Kocourková aus dem zentralen, dem
nördlichen und dem südlichen Böhmen) scheint die Art übersehen worden zu sein, vermutlich ist sie
nicht besonders selten. Sie ist in Mitteleuropa vorwiegend auf das Bergland beschränkt.
Evernia divaricata (L.) Ach.
Oberpfalz: Kreis Neustadt a. d. Waldnaab, Frankenohe S Kirchenthumbach, an Fraxinus excelsior im lockeren
Gebüsch, an Prunus spinosa, 470 m, MTB 6236/3, 13.III.2004, W.v.B. (hb IVL 3165).
Wie bei LANGE et al. (2005) im Maintal und bei THÜS & DORNES (2003) in Hessen liegen unser unten
angegebener und weitere nicht belegte Funde aus dem Landkreis Neumarkt in der kollinen (bis submontanen) Stufe und das Substrat sind nicht Fichtenäste in Wäldern sondern Zweige von Sträuchern (überwiegend Prunus spinosa) und Laubbäumen in Hecken und Gebüschen. Auch liška et al. (1996) berichten
aus dem tschechischen Teil des Böhmerwaldes (Šumava), dass Evernia divaricata früher hauptsächlich
auf der Rinde von Koniferen vorkam und rezent auf Laubbäume (Fagus sylvatica, Salix sp., Sorbus
aucuparia) übergeht. RÄTZEL et al. (2003) nennen aus Brandenburg einen Neufund an Eichenästen.
In der Regel sind die Thalli der aktuellen außeralpinen Funde deutlich kleiner als etwa beim Beleg
von Arnold (ca. 20 cm, nach DÜRHAMMER 2003). Ein (nur durch ein Foto belegtes) 2004 gefundenes
Exemplar aus dem Landkreis Neumarkt erreichte jedoch eine Länge von 28 cm!
LANGE et al. (2005) geben eine ausführliche Darstellung der historischen und aktuellen Verbreitung
der Art in Süddeutschland und im übrigen Europa, sodass wir hier nur auf die bayerischen Funde
eingehen. In Bayern war Evernia divaricata zumindest außerhalb der Alpen zwar immer selten,
aber weit verbreitet. So schreibt KREMPELHUBER (1861) noch „Durch das Gebiet an verschiedenen
Bäumen in allen größeren Waldungen, und auch nicht selten mit Früchten.“. FUNCK (1806) gibt sie aus
dem Fichtelgebirge an, HOPPE (1796), DUVAL (1808) und FÜRNROHR (1839) aus der Umgebung von
Regensburg, MARTIUS (1817) aus den Wäldern um Erlangen und Nürnberg, ARNOLD (1884a) aus dem
Fränkischen Jura bei Eichstätt, bei Kelheim und bei Neuhaus (im Veldensteiner Forst?), REHM (1863)
aus dem Oberallgäu, ARNOLD (1891) mehrfach aus dem Hügelland südlich von München, REHM
(1905) aus dem Mittelfränkischen Becken. Weitere historische Angaben finden sich von Kummer aus
dem Jahr 1848, Lederer von 1892 und Lettau von 1902 aus der südlichen Umgebung von München in
HERTEL et al. (2000). HILLMANN (1931, 1943) gibt Letharia divaricata (L.) Hue aus den Bayerischen
Alpen bei Berchtesgaden, Partenkirchen und Mittenwald, aus den Allgäuer Alpen bei Füssen sowie aus
dem Bayerischen Wald bei Bayerisch Eisenstein an, SCHWIND (1935) aus den Allgäuer Alpen.
Aktuell ist Evernia divaricata mehrfach und als „häufig“ in den Alpen (TÜRK & WITTMANN 1987,
TÜRK & WUNDER 1991, TÜRK & WUNDER 1999) nachgewiesen worden. Es finden sich aber auch
einige außeralpine Angaben, so aus dem Bayerischen Wald (MACHER 1992, BRESINSKY et al. 1995),
von drei Stellen in der Mittleren Frankenalb (RITSCHEL 1977, DÜRHAMMER 2003), zweimal im unterfränkischen Muschelkalkgebiet (LANGE et al. 2005) und einmal in München (FEUERER et al. 2003).
Gyalecta derivata (Nyl.) H.Olivier
Neu für Bayern.
Oberpfalz: Kreis Neustadt a. d. Waldnaab, Fran kenohe S Kirchenthumbach, an Acer pseudoplatanus, 470 m,
MTB 6236/3, 13.III.2004, W.v.B. (hb IVL 3140/3141).
Nach WIRTH (1995) ist die Art historisch aus Baden-Württemberg angegeben, zudem liegen Angaben
aus den Bundesländern Mecklenburg-Vorpommern (LITTERSKI & SCHIEFELBEIN 2005) und Thüringen
(SCHOLZ 2000a) vor.
Heppia adglutinata (Kremp.) A.Massal.
Wiederfund für Bayern.
Unterfranken: Kreis Mainspessart, Saupurzel am Maintalhang bei Karlstadt, im Trockenrasen auf Muschelkalk,
250 m, MTB 6024/2, 12.IX.2002, W.v.B. (hb IVL 2499).
REHM (1863) fand Heppia adglutinata am Kreutzeck im Allgäu. Von KREMPELHUBER (1861) wird die
Art aus den Alpen bei Mittenwald angegeben (Lectotypus in M), von ARNOLD (1858b) liegen unter
Heppia virescens Despr. mehrere Nachweise aus dem Fränkischen Jura vor (jeweils aus der Umgebung
94
Herzogia 19 (2006)
von Weissenburg, Regensburg, Forchheim und Streitberg). Seitdem wurde die Art in Bayern nicht
mehr nachgewiesen.
Lecania fuscella (Schaer.) A.Massal.
Wiederfund für Nordbayern.
Unterfranken: Kreis Mainspessart, rechter Hang des Maintals zwischen Retzstadt und Karlstadt, unterhalb des
Kalvarienbergs, in Seitental mit Trockengebüsch, an Crataegus monogyna, 180 m, MTB 6024/4, 20.X.2003, J.K.
& W.v.B. (PRM 907108, 907974).
Historische Angaben liegen aus München (ARNOLD 1892), dem Mittelfränkischen Becken (REHM
1905) und der Fränkischen Alb (ARNOLD 1898) vor, weitere historische Funde für die südliche
Umgebung von München von Arnold und von Lederer sind in HERTEL et al (2000) zitiert.
Aktuell ist Lecania fuscella aus Augsburg (BERGNER et al. 1998) und aus München (FEUERER et al.
2003) nachgewiesen.
Lecanora leptyrodes (Nyl.) Degel.
Neu für Bayern.
Oberpfalz: Kreis Neustadt a. d. Waldnaab, Frankenohe S Kirchenthumbach, an Acer platanoides, 460 m, MTB
6236/3, 3.IV.2004, J.K. & W.v.B. (PRM 907975). – Schwaben: Kreis Oberallgäu, 1,2 km W Missen, an der Straße
nach Wiedenhofen, an Fraxinus excelsior in alter Allee, 940 m, MTB 8426/2, 10.IX.2004, J.K. & W.v.B. (hb IVL
3477, PRM 907282).
In Deutschland bekannt aus Schleswig-Holstein (ERICHSEN 1957), Baden-Württemberg (WIRTH 1975)
und dem Saarland (SEITZ 1981).
WIRTH (1994) reiht sie in der Checkliste für Deutschland unter „falsche und anzuzweifelnde Angaben
von Arten“ ein. Das Material aus Schleswig-Holstein wurde von LUMBSCH et al. (1997) revidiert
und als Lecanora leptyrodes bestätigt. Nach HEIBEL (1999) ist die Probe von MÜLLER (1965) aus
Rheinland-Pfalz Lecanora subcarpinea.
Lecanora persimilis (Th.Fr.) Nyl.
Schwaben: Kreis Oberallgäu, Kürnacher Wald W Kempten, am Ulmertalbach, an Fraxinus excelsior, 820 m, 8226/4,
9.IX.2004, J.K. & W.v.B. (PRM). – Oberpfalz: Kreis Neustadt a. d. Waldnaab, Frankenohe S Kirchenthumbach, an
Fraxinus excelsior, 460 m, MTB 6236/3, 3.IV.2004, J.K. & W.v.B. (PRM 907993); Steinbühl NW Vilseck, an Salix
caprea, 420 m, MTB 6336/2, 5.IV.2004, J.K. & W.v.B. (PRM 908002).
Ein weiterer Nachweis für Bayern nach denen von DÜRHAMMER (2003) aus der Frankenalb und von
BERGER (2003) aus Niederbayern. Darüber hinaus in Deutschland aus Baden-Württemberg (WIRTH
1987), Hessen (CEZANNE et al. 2002) und Brandenburg (RÄTZEL et al. 2004) bekannt.
Leptogium byssinum (Hoffm.) Zwackh ex Nyl.
Wiederfund für Bayern.
Unterfranken: Kreis Schweinfurt, Pfändhausen, Forst Jeusing, nördlicher Teil, Brachfläche am Waldrand mit beschädigten Birken, Eichen und Sträuchern, auf kalkhaltigem Boden, 380 m, MTB 5827/3, 21.VI.2004, J.K. &
W.v.B. (PRM 907609).
ARNOLD (1864, 1885c) fand Leptogium byssinum bei Eichstätt im Fränkischen Jura und ARNOLD (1891)
westlich von Obersendling bei München. REHM (1905) gibt sie für Sugenheim in Mittelfranken an. Die
Münchner Angabe konnte bei HERTEL et al. (2000) nicht mehr bestätigt werden. Bei KREMPELHUBER
(1861) ist die Art nicht erwähnt.
Leptogium intermedium (Arnold) Arnold
Oberpfalz: Kreis Neustadt a. d. Waldnaab, Thumbach S von Eschenbach, über Moosen an Populus canadensis im
Auwald, 435 m, MTB 6236/4, 3.IV.2004, J.K. & W.v.B. (hb IVL 3278, PRM 908027).
ARNOLD (1890) schreibt für den Fränkischen Jura neben zwei konkreten Ortsangaben (bei Eichstätt
und bei Weißenburg) allgemein „zerstreut auf Waldboden im Gebiete“. BRITZELMAYR (1875) gibt
die Art für Augsburg an, ARNOLD (1891, 1898) für München und seine südliche Umgebung, REHM
(1905) für Sugenheim in Mittelfranken. Die Funde von Arnold in und bei München konnten weder bei
VON BRACKEL & KOCOURKOVÁ: Einige für Bayern neue oder Bemerkenswerte Flechten und lechtenähnliche Pilze
95
HERTEL et al. (2000) noch bei FEUERER et al. (2003) aktuell bestätigt werden. JØRGENSEN (1994) meldet Zweifel daran an, ob alle alten Angaben, auch die von Arnold, wirklich zu Leptogium intermedium
gehören.
Eine aktuelle Angabe stammt von BRESINSKY et al. (1995) vom „Alpinen Steig“ bei Schönhofen in
der Mittleren Frankenalb. Der damalige Beleg der Zweitautorin wurde von A. Guttova (Slovakia,
Bratislava) revidiert.
Leptogium schraderi (Bernh.) Nyl.
Wiederfund für Nordbayern.
Mittelfranken: Kreis Neustadt a.d. Aisch-Bad Windsheim, Nordheimer Gipshügel, auf übererdeten Gipshügeln,
320 m, MTB 6428/1, 15.IV.1999, W.v.B. (hb IVL 2536), 22.X.2003, J.K. & W.v.B. (hb IVL 3406). – Oberpfalz:
Stadt Regensburg, Naturschutzgebiet Keilstein, an Malmkalkfelsen am Südhang über der Donau, 350 m, MTB
6938/4, 29.V.2005, J.K. & W.v.B. (PRM 908053).
Von ARNOLD (1885c, 1890) wird die Art mehrfach von der Frankenalb (Eichstätt, Schmidmühlen,
Hohenburg, Beilngries, Cordigast, Holnstein, Pottenstein), von KREMPELHUBER (1861) bei Marquardstein in den Chiemgauer Alpen angegeben.
Eine neuere Angabe stammt von TÜRK & WUNDER (1994) aus dem Nationalpark Berchtesgaden.
Leptogium tenuissimum (Dicks.) Körb.
Wiederfund für Nordbayern.
Oberpfalz: Kreis Neustadt a. d. Waldnaab, Frankenohe S Kirchenthumbach, auf offenem Boden in gestörtem
Halbtrockenrasen, 470 m, MTB 6236/3, 13.III.2004, W.v.B. (hb IVL 3158).
Arnold gibt die Art mehrmals bei München (ARNOLD 1892, HERTEL at al. 2000) und mehrfach in der
Frankenalb (ARNOLD 1858a, 1861, 1862, 1885c) an, REHM (1905) für das Mittelfränkische Becken
(Dietenhofen) und die Windsheimer Bucht (Sugenheim).
Neuere Angaben stammen von TÜRK & WUNDER (1999) aus dem Nationalpark Berchtesgaden.
Lobaria amplissima (Scop.) Forssell
Schwaben: Oberallgäu, Bergündeletal S Hinterstein, an Acer pseudoplatanus im Bergmischwald, 1130 m, MTB
8528/3, 15.IX.2001, W.v.B., O. Dürhammer & M. Reimann (hb IVL 2619).
Die wohl erste Erwähnung der ozeanischen Art für Bayern stammt von HEPP (1824) von der
Milzenburg in der Rhön (als Parmelia glomulifera). LEDERER (1896) und HILITZER (1924) nennen
sie aus dem Bayerischen Wald. Arnold fand sie 1895 im Forstenrieder Park südlich von München
(ARNOLD 1898, HERTEL et al. 2000). SCHAUER (1965) gibt mehrere Fundorte im bayerischen Teil des
Wettersteingebirges, in den Ammergauer Alpen (darunter der Erstfund von Poelt für die Bayerischen
Alpen) sowie den Walchenseeer und Tegernseeer Bergen an, wobei alle außeralpinen Funde von
vor 1900 stammen. PHILIPPI & WIRTH (1973) geben eine Rasterkarte von Lobaria amplissima für
Süddeutschland, in der alle bayerischen Funde nach 1950 ausschließlich aus den Alpen stammen.
MACHER (1992) fand die Art sehr selten im Nationalpark Bayerischer Wald. HERTEL et al. (2000) konnten die Münchener Angabe von Arnold nicht mehr bestätigen. Damit ist die Art in Bayern nach 1900
nicht mehr außerhalb der Alpen und den Hochlagen des Bayerischen Waldes gefunden worden. Die
Angabe von APTROOT & ZIELMANN (2004) in ihrer Arbeit über den Wiederfund der Art in RheinlandPfalz, dass seit 1975 das letzte bayerische Vorkommen erloschen sei, ist wohl eine Fehlinterpretation
der Verbreitungskarte in WIRTH (1995) für Baden-Württemberg mit seinen Randbereichen. Wie andere
Arten des Lobarion ist Lobaria amplissima sowohl durch Vergiftung mit Schwefeldioxid als auch durch
den großflächigen Waldumbau zu Nadelholzforsten an den Rand des Aussterbens gebracht worden.
Dies wird erkennbar an ihrer Einstufung in etlichen Roten Listen als „vom Aussterben bedroht“ wie für
Niedersachsen, Thüringen und Hessen oder „ausgestorben bzw. verschollen“ für Baden-Württemberg
und ganz Deutschland. Auch im Tschechien ist die Art extrem selten und auf zwei Thalli auf zwei
Bäumen im Böhmerwald beschränkt (liška et al. 1996). In Österreich ist Lobaria amplissima im
Alpenraum vom Aussterben bedroht und außerhalb der Alpen ausgestorben (TÜRK & HAFELLNER
1999).
96
Herzogia 19 (2006)
Lobaria pulmonaria (L.) Hoffm.
Mittelfranken: Kreis Nürnberger Land, Retzenhof am Fuß des Moritzbergs, an Eichen, ca. 400 m, MTB 6533/2,
IX.1892, J. S. Kaulfuß (hb NHG 366, sub Sticta pulmonaria (L.) Biroli). – Schwaben: Kreis Oberallgäu, SW Wertach
„Im Großen Wald“, 1 km SW Fallenberg-Hütte, an umgestürzter Fagus sylvatica im Bergmischwald, 1100 m, MTB
8428/1, 11.IX.2004, J.K. & W.v.B. (hb IVL 3005); Starzlachtal an der Dreiangelhütte, an Fagus sylvatica in luftfeuchtem Bachtal, 1000 m, MTB 8428/1, 11.IX.2004, J.K. & W.v.B. (PRM 907273); SE Balderschwang, Nordhang
des Gelbhauserkopfs bei Au, 250 m NE Lenzen, an Acer pseudoplatanus, 1100 m, MTB 8526/2, 13.IX.2004, J.K.
& W.v.B. (ohne Beleg); N Freiberg-See, an Fagus sylvatica im Bergmischwald, 800 m, MTB 8627/2, 13.IX.2004,
J.K. & W.v.B. (ohne Beleg). – Oberbayern: Kreis Miesbach, Taubenberg, an Fagus sylvatica in kühl-feuchtem
Bachtälchen, 670 m, MTB 8136/2, 11.XI.2005, W.v.B. (ohne Beleg); Kreis Garmisch-Partenkirchen, oberhalb des
Ferchensees, an Fagus sylvatica im Bergmischwald am Nordhang, ca. 1100 m, MTB 8533/4, 9.X.1995, W.v.B. &
N. Meyer (ohne Beleg).
Belege wurden von der nicht zu verwechselnden Art nur gesammelt, wenn Teile des Lagers heruntergefallen waren oder an umgestürzten bzw. gefällten (!) Bäumen wuchsen.
Historische Fundortangaben der Art sind insbesondere aus den Alpen wegen ihrer damaligen Häufigkeit
meist sehr allgemein gehalten. So schreibt KREMPELHUBER (1861): „ Durch das ganze Gebiet an
Buchen, Eichen, Fichten, Tannen etc.; besonders in den Alpen üppig entwickelt und dort nicht selten mit Früchten …“. REHM (1863) nennt einen Fundort aus dem Oberallgäu. Außeralpine historische
Angaben stammen unter anderem von MARTIUS (1817), der Sticta pulmonacea Ach. um Erlangen „an
Bäumen in Wäldern, zum Beispiel dem Nürnberger“ fand. Von Kalchreuth (nordöstlich von Nürnberg)
berichtet er über „exemplaria amplissima“. HEPP (1824) fand sie in der Rhön. Nach HOPPE (1796) und
DUVAL (1808) war die Art zu ihrer Zeit um Regensburg gemein, nach DUVAL selten mit Apothecien,
nach HOPPE aber regelmäßig fruchtend anzutreffen. FÜRNROHR (1839) gibt sie für dieselbe Gegend nur
noch als „hin und wieder“ an. ARNOLD (1891) fand sie mehrfach in und um München, unter anderem im
Nymphenburger Schloßpark. ARNOLD (1884c) gibt für den Fränkischen Jura die Angabe „in den größeren Forsten des Gebietes an alten Buchen, Eichen hie und da c. ap. …“ Im Herbar der Naturhistorischen
Gesellschaft Nürnberg liegt ein von Kaulfuß gesammeltes Exemplar vom Moritzberg bei Nürnberg aus
dem Jahr 1892 mit einer Thalluslänge von 24 cm mit Apothecien! VILL (1896) nennt sie mehrfach aus
der Rhön und aus dem Steigerwald. HILLMANN (1931, 1937, 1943) fand sie in den Allgäuer Alpen und
im Bayerischen Wald. Aus der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts liegen noch etliche Angaben aus
den Alpen und aus dem Bayerischen Wald (HILLMANN 1931, 1937, 1943, HILITZER 1925, 1929) sowie
aus den Wäldern südlich von München (HERTEL et al. 2000) vor.
Aktuell ist die Art in den bayerischen Alpen sicher seltener als früher, aber weit verbreitet (z. B.
TÜRK & WITTMANN 1987, TÜRK & WUNDER 1991). Auch im Bayerischen Wald kommt die Art noch
zerstreut vor (z. B. MACHER & STEUBING 1986, MACHER 1992, BRESINSKY et al. 1995, PRINTZEN
et al. 2002, MOHR 2002). Neuere Angaben von einem Fundort aus dem Forstenrieder Park südlich
von München stammen von Schwaiger aus dem Jahr 1985 und Hertel aus 1999 (HERTEL et al. 2000).
KALB (1972) nennt sie einmal für den Nürnberger Reichswald und RITSCHEL (1977) gibt leider nur
die sehr allgemeine Angabe „im Gebiet [Nordwestbayern, Anm. d. Autoren] heute sehr selten, stellenweise im Spessart und in der Fränkischen Alb, meist in absterbenden Kümmerformen.“. Ob die Art in
Nordbayern außerhalb des Bayerischen Waldes überhaupt noch vorkommt, ist fraglich.
Wegen ihrer auffälligen Erscheinung, der leichten Ansprechbarkeit auch auf große Entfernung, ihrer
Bedeutung in der Volksmedizin und nicht zuletzt ihres augenfällig dramatischen Rückgangs gehört
die Lungenflechte zu einer der am besten dokumentierten Flechten in Europa. So wurden beim ersten Treffen zur Flechtenkartierung in Europa 1990 Verbreitungskarten der Art aus Tschechien (liška
1990), der Slowakei (Pišút 1990), Rheinland-Pfalz (JOHN 1990b) und Skandinavien (SØCHTING 1990)
vorgestellt. Weiter liegen Verbreitungskarten aus Süddeutschland (WIRTH 1976a, 1976b), BadenWürttemberg (WIRTH 1995) und der Schweiz (STOFER et al. 2003) vor. In vielen Bundesländern
Deutschlands ist die Art als „ausgestorben bzw. verschollen“ eingestuft, so in Niedersachsen, Hamburg,
Thüringen, Hessen, Saarland, als „vom Aussterben bedroht“, so in Mecklenburg-Vorpommern,
Schleswig-Holstein, Sachsen-Anhalt, Rheinland-Pfalz und insgesamt für Deutschland (WIRTH et al.
1996) oder als „stark gefährdet“, so in Baden-Württemberg. In Österreich gilt sie als „gefährdet“,
VON BRACKEL & KOCOURKOVÁ: Einige für Bayern neue oder Bemerkenswerte Flechten und lechtenähnliche Pilze
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außerhalb der Alpen als „vom Aussterben bedroht“, ähnlich verhält es sich in der Schweiz (TÜRK &
Hafellner 1999, ScHeidegger & clerc 2002). In den nordischen Ländern erscheint die Situation
weniger dramatisch. LACKOVIčoVá et al. (2001) schlagen vor, Lobaria pulmonaria neben sechs weiteren Flechtenarten in die Anhänge der FFH-Direktive der Europäischen Union aufzunehmen.
Melanelia exasperata (De Not.) Essl.
Oberpfalz: Kreis Neustadt a. d. Waldnaab, Am Berg S Kirchenthumbach, an Ästen von Salix caprea, 500 m, MTB
6236/3, 3.IV.2004, J.K. & W.v.B. (hb IVL 3019). – Schwaben: Kreis Oberallgäu, Grüntensee NE Wertach, Auwald
am Westufer entlang des Eberlesbaches, an Alnus incana, 890 m, MTB 8328/4, 11.IX.2004, J.K. & W.v.B. (hb IVL
3081).
Die Art muss früher auch außerhalb der Alpen deutlich häufiger gewesen sein als heute. So schreibt
ARNOLD (1891) in der Lichenenflora von München ohne weitere Ortsangaben über Imbricaria aspidota Ach. „an der Rinde und besonders an den Zweigen freistehender Bäume und (1884b) zum
Fränkischen Jura ohne weitere Ortsangaben „… nicht selten.“. REHM (1863) gibt die Art aus Oberstdorf
im Allgäu an.
Aktuelle Nachweise stammen von RITSCHEL (1977) aus Nordwestbayern („recht selten“), TÜRK &
WUNDER (1991) aus dem Nationalpark Berchtesgaden, BERGNER et al. (1998) aus Augsburg und von
FEUERER et al. (2003) aus München („fast ausgestorben“).
Melanelia glabra (Schaer.) Essl.
Schwaben: Kreis Oberallgäu, Grüntensee NE Wertach, Auwald am Westufer entlang des Eberlesbaches, an Fraxinus
excelsior, 890 m, MTB 8328/4, 11.IX.2004, J.K. & W.v.B. (hb IVL 3082).
Eine historische Angabe zu Parmelia glabra (Schaer.) Nyl. von 1891 (unbekannter Finder) aus Sauerlach
südlich von München findet sich bei HERTEL et al. (2000). HILLMANN (1931, 1937, 1943) nennt die Art
aus den Bayerischen Alpen bei Oberschönau und bei Partenkirchen sowie mehrfach aus den Allgäuer
Alpen (Füssen, Hindelang, Oberstdorf, Bad Oberdorf, Hinterstein); er zitiert weiter einen Fund von
Schwind bei Geiselbullach nordwestlich von München. SCHINDLER (1985), der sich sehr intensiv mit
Melanelia glabra beschäftigt hat, gibt eine Verbreitungskarte der Art für Süddeutschland und die angrenzenden Gebiete Österreichs und der Schweiz. Darüber hinaus zitiert er eine Vielzahl von Funden
verschiedener Autoren vor allem aus dem Münchner Herbarium vorwiegend aus den Allgäuer und den
Bayerischen Alpen. Bemerkenswert, weil von außerhalb der Alpen und neueren Datums, sind zwei bei
SCHINDLER (1985) zitierte Funde von Poelt, 1949 am Starnberger See und 1951 aus Weilheim.
Neuere bayerische Angaben zu Melanelia glabra stammen aus dem Nationalpark Berchtesgaden
(türk & Wittmann 1987, türk & Wunder 1991 sowie aus dem Nationalpark Bayerischer Wald
(MACHER 1992).
Pachyphiale fagicola (Hepp) Zwackh
Oberpfalz: Kreis Neustadt a. d. Waldnaab, Frankenohe S Kirchenthumbach, an Acer platanoides, 460 m, MTB
6236/3, 3.IV.2004, J.K. & W.v.B. (PRM 907977).
Die einzigen historischen bayerischen Angaben zu Pachyphiale fagicola finden sich bei ARNOLD
(1884e), der sie mehrfach bei Eichstätt fand. Einer der Arnoldschen Funde ist auch bei KREMPELHUBER
(1861) zitiert.
Neuere Funde stammen von Schwaiger bei Pullach südlich von München aus dem Jahr 1985 (HERTEL
et al. 2000) und von DÜRHAMMER (2003) aus Donaustauf in Niederbayern. MACHER (1992) gibt sie
als „sehr selten“ aus dem Nationalpark Bayerischer Wald an. Auch im benachbarten Tschechien ist die
Art extrem selten und aktuell nur von zwei eng begrenzten Fundorten im Böhmerwald bekannt (liška
et al. 1996).
Pannaria leucophaea (Vahl) P.M.Jørg.
Wiederfund für Bayern.
Oberfranken: Kreis Hof, Naturschutzgebiet Wojaleite bei Wurlitz, Spalten im sonnigen Serpentinitfels, 520 m,
MTB 5737/2, 21.V.2005, J.K. & W.v.B. (hb IVL 3043, PRM 907452).
98
Herzogia 19 (2006)
Für die in der historischen Literatur unter Pannaria microphylla Sw. geführte Art werden bei
KREMPELHUBER (1861) zwei Fundorte aus dem Allgäu, drei aus dem Bayerischen Wald und einer bei
Miesbach in Oberbayern angegeben. ARNOLD (1885c) gibt je einen Fundort bei Banz in Nördlichen
und bei Eichstätt sowie Spielberg im Südlichen Frankenjura an. VILL (1896) erwähnt sie mehrfach aus
dem östlichen Unterfranken, REHM (1863) aus dem Oberallgäu und REHM (1905) gibt sie zweimal aus
dem Mittelfränkischen Becken und einmal aus dem Steigerwald (Schwanberg) an. Neuere Angaben
aus Bayern sind uns nicht bekannt.
Parmeliella triptophylla (Ach.) Müll.Arg.
Schwaben: Kreis Oberallgäu, N Freiberg-See, an Fraxinus excelsior im Bergmischwald, 800 m, MTB 8627/2,
13.IX.2004, J.K. & W.v.B. (hb IVL 3046, PRM 908020). – Oberbayern: Kreis Miesbach, Taubenberg, an Fagus
sylvatica in kühl-feuchtem Bachtälchen, 670 m, MTB 8136/2, 11.XI.2005, W.v.B. (hb IVL 3515, PRM 907265).
KREMPELHUBER (1861) schreibt über die damals Pannaria triptophylla (Ach.) A.Massal. genannte
Art: „Durch das Gebiet, besonders in den Alpen … sehr häufig, und gewöhnlich ausgezeichnet schön
entwickelt; in der Ebene selten …“. MARTIUS (1817) erwähnt Lecidea triptophylla Ach. als selten
aus den Wäldern bei Erlangen. REHM (1863) nennt sie aus dem Traufbachtal und dem Rohrmoos
im Oberallgäu. ARNOLD (1891) gibt sie mehrfach aus der südlichen Umgebung von München an.
HILLMANN (1931, 1937, 1943) erwähnt Parmeliella corallinoides (Hoffm.) A.Zahlbr. vom Königsee
und vom Obersee in den Berchtesgadener Alpen, von Ruhpolding in Oberbayern, von Hinterstein
in den Allgäuer Alpen sowie vom Großen Arber im Bayerischen Wald. HILITZER (1924) gibt sie für
den Großen Arber, den Lusen und den Plöckenstein im Bayerischen Wald an, WIRTH (1969) für den
Großen Arber.
Aktuelle Nachweise stammen von TÜRK & WITTMANN (1987) und TÜRK & WUNDER (1991) aus dem
Nationalpark Berchtesgaden sowie von PRINTZEN et al. (2002) aus dem Nationalpark Bayerischer
Wald sowie vom Plöckenstein im südlichen Bayerischen Wald. MACHER (1992) gibt die Art ebenfalls
für den Nationalpark Bayerischer Wald an („sehr selten“). Die Münchener Funde von Arnold konnten
von HERTEL et al. (2000) nicht bestätigt werden.
Parmelina quercina (Willd.) Hale
Wiederfund für Nordbayern.
Unterfranken: Kreis Schweinfurt, Dürrfelder Wald NE Sulzheim, an junger Esche, 240 m, MTB 6028/1, 5.III.2004,
J.K. & W.v.B. (ohne Beleg, Foto).
Da unser Fund aus nur einem einzigen Exemplar bestand, wurde auf eine Belegnahme verzichtet. Es
wurden jedoch Fotos angefertigt, die eine Identifizierung der Art zweifelsfrei zulassen.
HoPPe (1796) gibt Lichen quercinus von Wörth an der Donau bei Regensburg an, ARNOLD (1884b)
Imbricaria tiliacea f. quercina Willd. mehrfach in der Südlichen Frankenalb bei Eichstätt und
HILLMANN (1943) Parmelia quercina vom Oberjoch bei Hindelang. KLEMENT (1967) nennt sie ohne
Ortsangaben von Alleebäumen im Allgäuer Alpenvorland.
Die früher weit verbreitete Art ist heute in weiten Teilen Deutschlands ausgestorben und nur noch wenige aktuelle Vorkommen, meist in reduzierter Vitalität, sind bekannt (WirtH 1981, 1995). Neuerdings
werden aber wieder Einzelvorkommen gefunden, zum Beispiel in Hessen (CEZANNE & EICHLER
2004).
Parmotrema chinense (Osbeck) Hale & Ahti
Wiederfund für das außeralpine Bayern.
Unterfranken: Kreis Schweinfurt, Dürrfelder Wald NE Sulzheim, an Prunus spinosa, 240 m, MTB 6028/1,
5.III.2004, J.K. & W.v.B. (ohne Beleg, Foto).
Auch von Parmotrema chinense wurde wegen des winzigen Bestandes kein Beleg entnommen. Der
Fund wurde durch mehrere Fotos dokumentiert.
Nach historischen Angaben war die damals Imbricaria perlata L. bzw. Parmelia perlata Ach. genannte Art früher nicht sehr selten. MARTIUS (1817) gibt sie aus den Wäldern bei Erlangen (Vorland
VON BRACKEL & KOCOURKOVÁ: Einige für Bayern neue oder Bemerkenswerte Flechten und lechtenähnliche Pilze
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der Nördlichen Fränkischen Alb) an, HEPP (1824) in der Lichenen-Flora von Würzburg allgemein „an
Buchen und Eichen“. Von Emmerich (ca. 1820), zitiert in DÜRHAMMER (2003) stammt ein Fund aus
Donaustauf in Niederbayern, DUVAL (1808) nennt sie aus der Umgebung von Regensburg, FÜRNROHR
(1839) von Donaustauf und SCHRANK (1798) aus Deggendorf. KREMPELHUBER (1861) schreibt „…
häufig auf verschiedenen Bäumen, Brettern, Pfählen, Schindeldächern etc. durch das ganze Gebiet
…“. ARNOLD (1891, 1892) fand sie mehrfach um München und ARNOLD (1858b, 1860) gibt sie für
den Fränkischen Jura ohne Ortsangabe als „an alten Buchen in Laubwäldern“ an, ARNOLD (1890)
bei Eichstätt. VILL (1896) fand sie mehrfach in Unterfranken, unter anderem bei Hundelshausen
ca. 5 km von unserem Fundort entfernt. HERTEL et al. (2000) geben weitere Fundorte südlich von
München aus dem 19. Jahrhundert von Arnold, Hiendlmayr und Lettau an. BRITZELMAYR (1902)
fand sie zweimal in den Allgäuer Alpen. REHM (1905) nennt je einen Fundort im Mittelfränkischen
Becken und im Steigerwald. Neuere Angaben stammen von LETTAU (1957) unter Parmelia trichotera
Hue. aus Buchendorf südlich von München und SCHAUER (1965) unter Parmelia perlata Ach. von
mehreren Stellen der bayerischen Alpen (Wetterstein, Karwendel, Ammergauer Alpen, Wallgauer und
Chiemseeer Gebirge, Königsee u. a.).
Neuere Angaben stammen von TÜRK & WITTMANN (1987) sowie TÜRK & WUNDER (1991, 1999) aus
dem Nationalpark Berchtesgaden. Außeralpine neuere Angaben sind uns aus Bayern nicht bekannt.
Peccania coralloides (A.Massal.) A.Massal.
Oberpfalz: Stadt Regensburg, Naturschutzgebiet Keilstein, an Malmkalkfelsen am Südhang über der Donau, 350
m, MTB 6938/4, 29.V.2005, J.K. & W.v.B. (hb IVL 3507, PRM 908025).
ARNOLD (1858a, 1885c) erwähnt zwei Fundorte von Streitberg in der Nördlichen Frankenalb,
KREMPELHUBER (1861) darüber hinaus einen eigenen im Karwendel bei Mittenwald (als Corynophorus
coralloides).
An neueren Funden aus Bayern ist uns nur der am Alpinen Steig bei Schönhofen (BRESINSKY et al.
1995) bekannt, der nicht weit von unserem Fundort liegt.
Placynthiella dasaea (Stirt.) Tønsberg
Oberpfalz: Kreis Neustadt a. d. Waldnaab, im Fichten-Kiefern-Forst, auf trockenem Rohhumus über einer
Kiefernwurzel, 410 m, MTB 6336/1, 5.IV.2004, J.K. & W.v.B. (PRM 908013).
Placynthiella dasaea wurde erst kürzlich von SÉRUSIAUX et al. (1999) aus Manderscheid in RheinlandPfalz für Deutschland nachgewiesen, SPARRIUS (2000) wies sie für Nordrhein-Westfalen nach,
CEZANNE et al. (2002) für Hessen, SCHIEFELBEIN (2003) für Mecklenburg-Vorpommern und OTTE et
al. (2001) für Brandenburg.
PRINTZEN et al. (2002) fanden sie erstmals für Bayern im Nationalpark Bayerischer Wald. Die Art
dürfte häufiger sein, wird aber wohl übersehen. Im Unterschied zu Placynthiella icmalea bildet
Placynthiella dasaea Soredien aus (TØNSBERG 1992).
Polyblastia philaea Zschacke
Neu für Bayern.
Unterfranken: Kreis Mainspessart, am rechten Maintalhang zwischen Retzstadt und Karlstadt, S des Stein-Bergs,
auf offenem Boden im gestörten Kalk-Halbtrockenrasen über Muschelkalk, neben einer Feuerstelle, 200 m, MTB
6024/4, 4.III.2004, J.K. & W.v.B. (PRM 907095). – Mittelfranken: Kreis Neustadt a.d. Aisch-Bad Windsheim,
Wüstphüler Gipshügel, in der Bunten Erdflechten-Gesellschaft auf übererdetem Gipshügel, 350 m, MTB 6428/1,
22.X.2003, J.K. & W.v.B. (PRM 908075). – Oberpfalz: Kreis Neustadt a. d. Waldnaab, an der „Saustraße“ SW
Grafenwöhr, in kalkbeeinflusstem Sandmagerrasen, 440 m, MTB 6337/1, 22.V.2004, J.K. & W.v.B. (PRM). –
Oberbayern: Kreis München, Mallertshofer Holz, SE Kreuzhof, in neu angelegtem Kalkmagerrasen auf eiszeitlichen Schottern, 480 m, MTB 7735/2, 13.VII.2005, W.v.B. (hb IVL 3437); Stadt München, Stadtteil Freimann,
Fröttmaninger Haide, entlang des Fahrweges am Nordtor des umzäunten Bundeswehrgeländes westlich des UBahnhofs Fröttmaning, auf verbackener Erde, 490 m, MTB 7735/4, 27.IV.2000, T. Feuerer (HBG, M, H), Erstfund
für Bayern.
Eine pflanzensoziologische Aufnahme mit Polyblastia philaea vom Fundort in Oberbayern findet sich
in dieser Arbeit unter Sarcosagium campestre. Alle unsere Funde liegen in der kollinen Stufe in lücki-
100
Herzogia 19 (2006)
gen, trockenen Magerrasen über verschiedenen, aber immer basenreichen Substraten (Muschelkalk,
eiszeitliche Kalkschotter, Gips, kalkhaltige Sande).
In Deutschland ist die Art bisher in Baden-Württemberg (zScHacke 1934, WirtH 1995, WirtH 2000),
Hessen (meinunger & ScHröder 1994, cezanne & eicHler 1996), Sachsen-Anhalt (MÜLLER
1993), Brandenburg (RÄTZEL et al. 2002) und Mecklenburg-Vorpommern (SCHIEFELBEIN 2002) nachgewiesen. Darüber hinaus liegt ein bisher nicht publizierter Fund aus Niedersachsen vor (HAUCK,
mdl. Mitteilung). Bei SCHIEFELBEIN (2002) finden sich eine Karte mit der Verbreitung der Art in
Europa sowie die bisher bekannten europäischen Fundortangaben (Großbritannien, Portugal, Belgien,
Luxemburg, Deutschland). Im benachbarten Tschechien fehlt sie (Vězda & liška 1999), ebenso in
Österreich (Hafellner & türk 2001).
Protoparmelia oleaginea (Harm.) Coppins
Schwaben: Kreis Oberallgäu, Breitachklamm bei Oberstdorf, an Zweigen von Alnus incana, 850 m, MTB 8627/1,
13.IX.2004, J.K. & W.v.B. (hb IVL 3118, PRM 907476 sub Sphinctrina anglica).
Poelt (1955) fand die schwer kenntliche Art (syn. Lecanora furva H.Magn.) erstmals für Bayern im
Wettersteingebirge bei Partenkirchen. TÜRK & WUNDER (1991) wiesen sie im Nationalpark Berchtesgaden
nach. Uns gelang der dritte bayerische Fund nur über den Nachweis des Flechtenparasiten Sphinctrina
anglica. Den Nachweis im benachbarten Baden-Württemberg führte WIRTH (1999) mit einem Fund im
Südschwarzwald. Außerdem wurde Protoparmelia oleaginea bisher in Mecklenburg-Vorpommern (DE
BRUYN et al. 1999), Niedersachsen (DE BRUYN et al. 2000) und in Brandenburg (RÄTZEL et al. 2004)
nachgewiesen. Im benachbarten Tschechien fehlt die Art bislang (Vězda & liška 1999).
Punctelia ulophylla (Ach.) Herk & Aptroot
Neu für Nordbayern.
Mittelfranken: Kreis Erlangen-Höchstadt, Naturschutzgebiet Mohrhof, an Salix caprea und Populus hybrida, 295
m, MTB 6331/1, 21.II.1992, W.v.B. (hb IVL 1968). – Schwaben: Kreis Oberallgäu, Kürnacher Wald W Kempten,
am Ulmertalbach, an Zweigen von Salix caprea im lichten Mischwald am Bach, 820 m, MTB 8226/4, 9.IX.2004,
J.K. & W.v.B. (hb IVL 3469); Grüntensee NE Wertach, Auwald am Westufer entlang des Eberlesbaches, an Fraxinus
excelsior im Galeriewald, 890 m, MTB 8328/4, 11.IX.2004, J.K. & W.v.B. (PRM 907261). – Unterfranken: Kreis
Mainspessart, am rechten Maintalhang zwischen Retzstadt und Karlstadt, S des Stein-Bergs, an Corylus avellana,
200 m, MTB 6024/4, 4.III.2004, J.K. & W.v.B. (PRM 908073).
Der bayerische Erstfund stammt von DÜRHAMMER (2003), ein zweiter von BERGER (2003), beide vom
Südrand des Bayerischen Waldes. Die Art ist aber sicher in vielen bayerischen Aufsammlungen unter
Punctelia subrudecta (Nyl.) Krog (syn. Parmelia subrudecta Nyl.) zu finden.
Punctelia ulophylla wurde erst 2000 wieder als eigene Art von Punctelia subrudecta getrennt (VAN HERK
& APTROOT 2000) und seitdem in den meisten Bundesländern nachgewiesen. Gebietsweise scheint sie
die häufigere der beiden Schwesterarten zu sein (z. B. OTTE et al. 2001). Die beiden Arten unterscheiden sich unter anderem durch die Lage der Sorale, die bei Punctelia subrudecta vor allem laminal,
bei P. ulophylla vor allem marginal stehen. Bei Punctelia ulophylla ist der äußerste Rand des Thallus
bereift, bei P. subrudecta nicht. Zudem unterscheiden sich beide Arten in der Farbe des Thallus, der bei
Punctelia ulophylla zumindest im Zentrum ins Grünliche spielt. Oft wachsen beide Arten zusammen,
dann sind die Unterschiede in der Farbe und in der Verteilung der Sorale deutlich zu erkennen.
Pyrenula laevigata (Pers.) Arnold
Schwaben: Kreis Oberallgäu, Starzlachtal an der Dreiangelhütte, an Abies alba in luftfeuchtem Bachtal, 1000 m,
MTB 8428/1, 11.IX.2004, J.K. & W.v.B. (hb IVL 3088, PRM 907275); S Oberstdorf, an der Stillach N FreibergSee, an Fagus sylvatica im Mischwald am Nordhang, 800 m, MTB 8627/2, 13.IX.2004, J.K. & W.v.B. (hb IVL
3489, PRM 907474).
Historische Angaben für Bayern liegen von ARNOLD (1891, 1898) aus der Umgebung von München
vor, unter anderem aus der Allacher Lohe. ARNOLD (1885b) erwähnt aus der Mittleren Frankenalb
einen Fund im Laabertal und schreibt darüber hinaus sehr allgemein „am Grunde älterer Buchen …
in Laubwäldern“. HILLMANN (1931, 1937, 1943) gibt eigene Funde aus Berchtesgaden, Mittenwald,
vom Königsee und von Oberstdorf sowie einen Fund von Wenck von Streitberg in der Nördlichen
VON BRACKEL & KOCOURKOVÁ: Einige für Bayern neue oder Bemerkenswerte Flechten und lechtenähnliche Pilze
101
Frankenalb an. In HERTEL et al. (2000) sind weitere Belege von Arnold aus den Jahren 1850, 1851 und
1892, von Kranz 1861, von Hiendlmayr 1864 und von Lederer 1893 zitiert, alle aus der Umgebung
von München; offenbar konnten all diese Funde aktuell nicht bestätigt werden; JÜRGING (1975) nennt
zwei Fundorte in München; FEUERER et al. (2003) geben die Art für München als „ausgestorben“ an.
Aktuell wird die Art von TÜRK & WITTMANN (1987) sowie TÜRK & WUNDER (1991) für den
Nationalpark Berchtesgaden angegeben.
Sarcosagium campestre (Fr.) Poetsch & Schied.
Wiederfund für Bayern.
Oberbayern: Kreis München, Gut Hochmutting S Oberschleißheim, in lückigem Kalk-Halbtrockenrasen, 485 m,
MTB 7735/3, 5.VI.2004, W.v.B. (hb IVL 3271); Mallertshofer Holz, Trasse des Nord-West-Sammelkanals, in lückigem Kalk-Halbtrockenrasen, 480 m, MTB 7735/2, 2.VI.2005, W.v.B. (ohne Beleg, Fotobeleg).
Funde außerhalb Bayerns: Tschechien: Praha, Komořany, 1 km stromaufwärts des Zusammenflusses von Moldau
und Berounka, auf verrottendem Stamm von Populus nigra, MTB 6052/1, 26.X.2001, J.K. (PRM 896077). –
Russland: Karelien, am Lagoda-See, ehemaliger Steinbruch, auf Collema sp., 135m, 61°56'55''N/30°34'50.5''E,
12.VIII.2004, J.K. (PRM).
Folgende Aufnahmen zeigen die Vergesellschaftung der Art:
Oberschleißheim: Deckung gesamt: 40 %, Deckung Moose & Flechten: 30 %, Deckung Blütenpflanzen
(nicht aufgeführt): 10 %. Aufnahmefläche 20 × 20 cm², flach.
2a
2a
1a
1a
+
Thuidium abietinum
Entodon concinnus
Thuidium philibertii
Hypnum lacunosum
Sarcosagium campestre
+
+
+
+
+
Peltigera rufescens
Nostoc commune
Homalothecium lutescens
Ceratodon purpureus
Bryum argenteum
Mallertshofer Holz: Deckung gesamt: 55 %, Deckung Moose & Flechten: 45 %, Deckung Blütenpflanzen
(nicht aufgeführt): 10 %. Aufnahmefläche 20 × 20 cm², flach.
3a
2a
2a
1a
1a
+
Thuidium abietinum
Hypnum lacunosum
Entodon concinnus
Tortula ruralis
Ceratodon purpureus
Tortella inclinata
+
+
+
+
+
Sarcosagium campestre
Polyblastia philaea
Peltigera rufescens
Peltigera didactyla
Nostoc commune
Bei unseren Fundorten handelt es sich um Renaturierungsflächen von Kalk-Halbtrockenrasen auf humusarmen Rohböden über Kalkschotter in einem frühen Sukzessionsstadium (im fünften Jahr nach der
Renaturierungsmaßnahme). Teilweise wuchs Sarcosagium campestre auf dem Rohboden, teilweise
auf Peltigera didactyla.
Bei KREMPELHUBER (1861) ist nur ein Fundort der Art unter Sarcosagium biatorellum A.Mass. in
den Alpen an der Grenze zu Salzburg angegeben. Darüber hinaus schreibt er: „Diese höchst kleine,
aber sehr niedliche Flechte kommt gewiss auch noch an anderen Stellen der bayerischen Alpen, und
vielleicht auch in der Ebene vor …“. ARNOLD (1890) gibt zwei Fundorte zwischen Gundelshausen
und Sinzing sowie in Eichstätt im südlichen Frankenjura an. An den genannten Fundorten ist die Art
verschollen, in den Floren von TÜRK & WUNDER (1999) und DÜRHAMMER (2003) für die betreffenden
Gebiete wird sie nicht bestätigt.
Nach Poelt & Vězda (1990) besiedelt die kurzlebige Art „alte Feuerstellen, Plätze, die mit Ruß
oder Teer in Berührung gekommen sind“. Etliche neuere Funde zeigen, dass die Art an anthropogenen Standorten weit verbreitet ist (z. B. MÜLLER 1993, NIMIS & MARTELLOS 2004, GILBERT 2004,
liSická & košutHoVá 2002, BIELCZYK 2003, SUIJA et al. 2005) und auf verschiedenen Substraten
wächst, zum Beispiel auf kalkhaltigen Böden, absterbenden Moosen, Detritus, verrottendem Holz
und Flechten. BIELCZYK (2003) beobachtete die Art auf einer montanen Skipiste auf kalkhaltigem
Boden in den polnischen Karpathen, GILBERT (2004) fand sie in aufgelassenen Bleibergwerken in
Großbritannien und beobachtete den Lebenszyklus der Art über drei Jahre. Die Zweitautorin beob-
102
Herzogia 19 (2006)
achtete Sarcosagium campestre 2001–2002 auf einem dicken verrottendem Stamm von Populus nigra
am Ufer der Moldau in Prag, auf dem die Flechte ausdauerte, bis die Flut 2002 den Stamm wegriss. SUIJA et al. (2005) fanden die Art in Estland in einer ehemaligen Kiesgrube auf Peltigera und
die Zweitautorin sammelte Sarcosagium campestre in Karelien 2004 ebenfalls auf Flechten, aber auf
Collema sp. DE BRUYN et al. (1999) beobachteten die Art auf Marchantia polymorpha, OTTE et al.
(2001) auf Moosen über Eisenerzschlacke.
Scoliciosporum gallurae Vězda & Poelt
Neu für Bayern.
Unterfranken: Kreis Mainspessart, am rechten Maintalhang zwischen Retzstadt und Karlstadt, S des Stein-Bergs,
an Prunus spinosa, 200 m, MTB 6024/4, 4.III.2004, J.K. & W.v.B. (PRM 908108). – Oberpfalz: Kreis Neustadt
a. d. Waldnaab, am Thumbach SE Eschenbach, an staubimprägnierten Ästchen von Betula pendula, 400 m, MTB
6236/4, 4.IV.2004, J.K. & W.v.B. (PRM 908018).
Scoliciosporum gallurae besitzt ein durchgängig sorediöses Lager, während Scoliciosporum sarothamni begrenzte Sorale aufweist und Scoliciosporum chlorococcum zwar feinkörnig aber nicht sorediös
ist. Die drei Arten unterscheiden sich zudem in Sporenmerkmalen (TØNSBERG 1992, WIRTH 1995).
Scoliciosporum gallurae ist in Deutschland bisher nur aus Nordrhein-Westfalen (Eifel, zwischen Urft
und Nettersheim) angegeben (SPARRIUS 2000). Die Art wurde 1987 von Vězda & Poelt aus Sardinien
beschrieben (nimiS & Poelt 1987) und seitdem z. B. in Oberösterreich (BERGER 1996) und in den
Niederlanden (APTROOT et al. 1999) gefunden.
Steinia geophana (Nyl.) Stein
Unterfranken: Kreis Schweinfurt, Naturschutzgebiet Sulzheimer Gipshügel, auf Moosen mit Algenüberzug auf den
Gipshügeln, 220 m, MTB 6027/2, 9.IV.2005, W.v.B. (hb IVL 3400).
Historische Angaben zu der unscheinbaren und kurzlebigen Art sind für Bayern selten. In MIGULA
(1931) wird sie für Augsburg und für Eichstätt angegeben.
TÜRK & WUNDER (1994) fanden sie im Nationalpark Berchtesgaden, Printzen & Vorwerk im Jahr
1994 (zitiert in HERTEL et al. 2000) im Grünwalder Forst südlich von München, PRINTZEN et al. (2002)
im Nationalpark Bayerischer Wald. Von BERGNER et al. (1998) existieren zwei Rasterpunkte der Art
im Raum Augsburg.
Stereocaulon incrustatum Flörke
Neu für Bayern.
Oberfranken: Kreis Forchheim, Bieberbach bei Eggloffstein, „Rother Brunnen“, auf Heideboden, ca. 500 m, MTB
6233/4, VI.1885, J.Kaulfuß (hb NHG, hb IVL 1896).
Diese historische Aufsammlung einer bisher nicht für Bayern publizierten Art wurde während der
Revision des Flechten-Herbariums der Naturhistorischen Gesellschaft Nürnberg gefunden. Ein
Duplikat der Probe wurde dem Herbarium des IVL gegeben.
Außer in Baden-Württemberg steht Stereocaulon incrustatum in allen Bundesländern, aus denen sie
bekannt ist, als „ausgestorben“ auf der Roten Liste (WIRTH et al. 1996).
Sticta sylvatica (Huds.) Ach.
Schwaben: Oberallgäu, Bergündeletal S Hinterstein, an Acer pseudoplatanus im Bergmischwald, 1130 m, MTB
8528/3, 15.IX.2001, W.v.B & O. Dürhammer (hb IVL 2626).
In historischer Zeit muss die Art viel häufiger gewesen sein, so schreibt KREMPELHUBER (1861) ohne
Ortsangaben: „Durch das ganze Gebiet hie und da, besonders in den Alpen …“. DUVAL (1808) und
FÜRNROHR (1839) geben sie von Donaustauf an, MARTIUS (1817) als „in den Nürnberger Wäldern
und auch den Rathsberger Felsen selten“, HEPP (1824) aus der Rhön. REHM (1863) nennt sie aus dem
Rohrmoos im Allgäu. ARNOLD (1891) gibt zwei Fundorte bei Irschenhausen südwestlich von München
an. VILL (1896) nennt sie mehrfach aus der Rhön. Etliche Funde werden aus dem Bayerischen Wald
und seinem Vorland berichtet (fürnroHr 1839, kremPelHuBer 1854, Hilitzer 1924, 1925). In
SCHAUER (1965) wird eine Vielzahl von Funden von ihm selbst und von anderen Autoren entlang des
VON BRACKEL & KOCOURKOVÁ: Einige für Bayern neue oder Bemerkenswerte Flechten und lechtenähnliche Pilze
103
Alpennordrands erwähnt; aber nur ein dort zitierter Fund von Hindlmayr bei Dietramszell liegt außerhalb der Alpen.
Aktuelle Angaben finden sich bei TÜRK & WITTMANN (1987) und TÜRK & WUNDER (1991) aus dem
Nationalpark Berchtesgaden und bei MACHER (1992) aus dem Nationalpark Bayerischer Wald.
Thelocarpon impressellum Nyl.
Wiederfund für Bayern.
Oberpfalz: Kreis Neustadt a. d. Waldnaab, „Saustraße“ SW Grafenwöhr, im kalkbeeinflussten Sandmagerrasen,
440 m, MTB 6337/1, 10.X.2004/22.V.2005, W.v.B. (hb IVL 3504, PRM 907658).
Folgende Aufnahme zeigt die Vergesellschaftung der Art am Fundort:
Deckung gesamt: 98 %, Deckung Moose & Flechten: 90 %, Deckung Blütenpflanzen: 20 %.
Aufnahmefläche 20 × 20 cm², 30° NW.
b
2b
2a
2a
2a
2a
1b
Barbula sp.
Encalypta streptocarpa
Bacidia bagliettoana
Bryum capillare
Cladonia chlorophaea
Festuca ovina agg.
Leontodon hispidus
21a
1a
1a
1a
+
+
+
Peltigera rufescens
Placynthiella dasaea
Verrucaria bryoctona
Achillea millefolium
Thelocarpon impressellum
Cladonia cariosa
Erigeron acris
Die einzige bayerische Angabe der Art stammt von POELT & HAFELLNER (1975) aus Zell bei Wasserburg
in Oberbayern „auf dem nassfaulen Holz in einer Winterlinde“. Aus anderen Bundesländern war
Thelocarpon impressellum bis 2000 nicht bekannt (SCHOLZ 2000a). In der Roten Liste der Flechten
Deutschlands (WIRTH et al. 1996) wird sie als ausgestorben bzw. verschollen (0) geführt. Der erste Wiederfund der Art für Deutschland stammt von SCHOLZ (2003) aus Thüringen, der zweite von
CEZANNE & EICHLER (2004) aus Hessen. Inzwischen wurde die Art auch zweimal in Sachsen-Anhalt
gefunden (R. Stordeur, mdl. Mitteilung).
Im Gegensatz zur folgenden Art scheint Thelocarpon impressellum wirklich selten zu sein. Der einzige
Fund im benachbarten Tschechien von Vězda im Jahr 1974 konnte bei einem erneuten Aufsuchen des
Fundortes 1997 nicht bestätigt werden (KOCOURKOVÁ-HORÁKOVÁ 1998a).
Thelocarpon intermediellum Nyl.
Oberpfalz: Kreis Neustadt a. d. Waldnaab, Bastring NE Vilseck, an liegendem Totholz von Alnus glutinosa im
Erlenbruchwald, 440 m, MTB 6336/2, 9.IV.2004/10.X.2004, W.v.B. (hb IVL 3253, PRM 908047).
Weitere Belege:
Oberpfalz, inter opp. Abensberg et Offenstetten, in pineto apud arenam mobilem in regione calcarea, in summo
arboris basis, alt. 370 m s.m., 21.VIII.1995, leg. J. Horáková (PRM 887019). – Oberbayern: zwischen Gauting und
Forst Kasten, 9.1893, leg. F. Arnold, rev. J.K. (M 10539).
Eine soziologische Aufnahme vom Fundort findet sich in dieser Arbeit unter Absconditella lignicola.
Wie die vorige ist die Art bei SCHOLZ (2000a) in Deutschland nur für Bayern angegeben, sie war
jedoch auch aus Hessen bekannt (KÜMMERLING 1991). In der Roten Liste der Flechten Deutschlands
(WIRTH et al. 1996) wird sie als ausgestorben bzw. verschollen (0) geführt. Die einzigen uns bekannten
Funde aus Bayern sind oben zitiert, darunter der von der Zweitautorin aus den Abensberger Sanden in
Niederbayern (BRESINSKY et al. 1995). Die hauptsächlich auf verrottendem Holz, aber auch auf Boden
oder saurem Gestein vorkommende Art ist wahrscheinlich übersehen. Im benachbarten Böhmen ist sie
häufig gefunden worden (KOCOURKOVÁ-HORÁKOVÁ 1998a). Ein neuerer Fund liegt auch aus Hessen
vor (CEZANNE & EICHLER 2004).
Thelocarpon lichenicola (Fuckel) Poelt & Hafellner
Oberfranken: Kreis Bamberg, Naturschutzgebiet Sandgrasheide Pettstadt, an feuchtem, liegendem Totholz von
Populus canadensis, 240, MTB 6131/1, 12.IV.2005, W.v.B. (hb IVL 3002). – Oberpfalz: Kreis Neustadt a. d.
Waldnaab Lindach NE Kürmreuth, an toter liegender Picea abies im feuchtschattigen Fichten-Kiefern-Forst, zusammen mit Absconditella lignicola, 410 m, MTB 6336/1, 5.IV.2004, J.K. & W.v.B. (PRM 908012); Kreis Schwandorf,
104
Herzogia 19 (2006)
Kaspeltshuber Forst, Kuchlweiher, an liegendem Totholz von Picea abies in feuchtem Kiefern-Fichten-Forst, 370 m,
MTB 6739/4, 1.V.2004, W.v.B (hb IVL 3254). – Oberbayern: Kreis Miesbach, Taubenberg, „Nüchternbrunn“, auf
totem, entrindetem Stamm von Abies alba im Buchen-Tannen-Fichten-Wald, Quellgebiet, 760 m, MTB 8136/4,
10.XI.2005, W.v.B. (hb IVL 3506), mit spärlichen Apothecien aber vielen Pycnidien.
In Bayern wurde die Art aktuell zusammen mit der vorigen bei Abensberg in Niederbayern nachgewiesen (BRESINSKY et al. 1995). Es liegen auch Nachweise aus anderen Bundesländern vor, so aus Berlin
(KÜMMERLING 1995), Niedersachsen (ERNST 1997) und Baden-Württemberg (WIRTH 1995). Aus dem
benachbarten Tschechien ist eine Vielzahl von Fundorten bekannt (KOCOURKOVÁ-HORÁKOVÁ 1998a).
Verrucaria bryoctona (Th.Fr.) Orange
Neu für Nordbayern.
Mittelfranken: Kreis Neustadt a. d. Aisch-Bad Windsheim, Wüstphüler Gipshügel, in der Bunten ErdflechtenGesellschaft auf übererdetem Gipshügel, 350 m, MTB 6428/1, 22.X.2003, J.K. & W.v.B. (hb IVL 3026, PRM 907070).
– Oberpfalz: Kreis Neustadt a. d. Waldnaab, „Saustraße“ SW Grafenwöhr, in kalkbeeinflusstem Sandmagerrasen,
440 m, MTB 6337/1, 22.V.2005, W.v.B. (hb IVL 3027/3504). – Oberbayern: Kreis München, Gut Hochmutting S
Oberschleißheim, in lückigem Kalk-Halbtrockenrasen, 485 m, MTB 7735/3, 2.VII.2004, W.v.B. (hb IVL 3028).
Eine soziologische Aufnahme mit Verrucaria bryoctona findet sich in dieser Arbeit unter Thelocarpon
impressellum.
Die Art ist leicht zu übersehen, zwei unserer Funde entdeckten wir erst unter dem Stereomikroskop bei
der Betrachtung der Proben von Thelocarpon impressellum und von Sarcosagium campestre.
Verrucaria bryoctona ist in Deutschland bisher aus Schleswig-Holstein (JACOBSEN 1997), MecklenburgVorpommern (SCHIEFELBEIN 2003, SCHIEFELBEIN & RÄTZEL 2005), Niedersachsen (ERNST 1997),
Hessen (CEZANNE & EICHLER 1996) und Baden-Württemberg (WIRTH 1995) mit einem Fundort im
Neckargebiet angegeben. Von PALICE (1999) wird sie von wenigen Fundorten aus dem benachbarten
Tschechien angegeben.
Für Bayern sind bei BERGNER et al. (1998) für den Augsburger Raum zwei Rasterpunkte angegeben.
Verrucaria dolosa Hepp
Wiederfund für Nordbayern.
Oberpfalz: Kreis Neustadt a. d. Waldnaab, Hopfenohe E Auerbach, auf einem Schneckengehäuse am Gebüschrand,
550 m, MTB 6336/3, 4.IV.2004, J.K. & W.v.B. (hb IVL 3270).
ARNOLD (1891) gibt die Art mehrfach südlich von München an, ARNOLD (1885b) aus dem Fränkischen
Jura von Banz am Maintal und von Eichstätt sowie auf Liaskalk bei Amberg. SCHAUER (1969) gibt die
Art aus der Garchinger Haide nördlich von München an.
Ein aktueller Fund von Verrucaria dolosa stammt von Schwaiger aus dem Jahr 1985 (in HERTEL et
al. 2000) aus dem Forstenrieder Park südlich von München. In BERGNER et al. (1998) sind mehrere
Rasterpunkte aus dem Augsburger Raum angegeben.
Dank
Wir danken Tassilo Feuerer (Hamburg) für die Überlassung der Fundortangabe von Polyblastia philaea, Anna
Guttová (Bratislava) für die Revision eines Belegs von Leptogium intermedium, Arne Thell (Lund) für die Revision
von Allocetraria oakesiana und vielen Kollegen, insbesondere Oliver Dürhammer (Regensburg) für die Hilfe bei der
Beschaffung schwer zugänglicher Literatur, ihm und Helmut Mayrhofer (Graz) für die Durchsicht des Manuskripts
sowie Anna Crewe (Liverpool) für die Korrektur des Abstracts.
Ein Teil dieser Untersuchungen (J. Kocourková) wurde durch das Projekt MK00002327201 des Kultusministeriums
der Tschechischen Republik mitfinanziert.
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Manuskript angenommen: 23. März 2006.
Anschriften der Verfasser
Wolfgang von Brackel, IVL, Institut für Vegetationskunde und Landschaftsökologie, GeorgEger-Straße 1b, D-91334 Hemhofen, Deutschland. E-mail: wolfgang.von.brackel@ivl-web.de
Jana Kocourková, National Museum – Mycological Department, Václavské nám. 68, CZ-115
79 Praha 1, Tschechien. E-mail: jana.kocourkova@nm.cz